Die USA haben uns vor 75 Jahren vom Faschismus befreit. Danach haben Sie uns vor einer sozialistischen Diktatur bewahrt und als großer Bruder, von jenseits des Atlantiks, beschützt. Die USA sind der Weltpolizist und das wirtschaftlich stärkste Land des Planeten. Militärisch sind sie führend. Und darüber hinaus sind die USA auch die älteste ununterbrochen bestehende Demokratie. Ein Land mit viel Verantwortung, dass jetzt auf einem Weg in den Abgrund ist.
Es waren Europäer, die über den Atlantik fuhren und dort etwas Neues gründeten. Europäer, die in Europa keine Zukunft mehr hatten oder die der amerikanische Traum anzog. Europäer wie wir. Daher nehmen wir all zu gerne an, dass diese amerikanischen Europäer doch irgendwie wie wir sind und auch so denken. Und dass die USA doch nicht so verschieden von Europa sein können. Das stimmt nicht. Jedenfalls trifft es nicht auf die Eliten und den Geldadel zu, die das Land führen. Die USA sind anders.
Ein Blick in die Geschichte
Die USA, es gab sie noch nicht, erklärten Ihre Unabhängigkeit von Großbritannien. Die Koloniebewohner hatten genug vom fernen Europa und wollten ihre Geschicke selbst lenken. Sie verfassten die Unabhängigkeitserklärung. Ein philosophisches Werk, dass den Zahn der damaligen Zeit widerspiegelte. Wie jedes solche Werk, war es am Ende ein Kompromiss, aber es war ein gelungener Kompromiss. Man ging von der Vernunft des Menschen aus, einen Annahme, die sich als falsch erwiesen hat, und davon, dass alle nach dem gemeinsamen Wohl streben werden. Man wählte die Demokratie und glaubte, dass sie das Resultat der Vernunft ist. Und man brachte ideale Vorstellungen zu Papier, wie es Thomas Paine, einer der Gründerväter, in seiner Schrift „Common Sense“ tat.
Der Anspruch an die Vernunft hielt nicht. Jeder strebte nach seinem eignen Glück, nach Reichtum und nach Macht. Die Demokratie hielt dennoch. Das lag vor allem daran, dass die Demokratie schwach war, der Staat kaum präsent, das Land riesig und niemand daran gehindert wurde, sein eigenes Ding zu machen. Einige wurden dabei sehr reich, woran der Staat niemanden hinderte. Die Bürger wählten ihren Sherif und ihren Richter. Recht und Gesetz war, was einem lieb und billig war. Der Staat war dabei meisten weit weg und es bestimmte der, der tatsächliche Macht hatte. Das waren in der Regel reiche Grundbesitzer und später reiche Industrielle.
So begaben sich die USA auf den Weg in die Moderne. Am Vorabend der Moderne kam es dann zu einem Bürgerkrieg. Dieser wird heute patriotisch glorifiziert. Als dieser Krieg tobte, war sicher nichts an ihm zu glorifizieren. An seinem Ende wurde er niederträchtig. Moltke, der preußische Generalfeldmarschall, blickte aus dem fernen Europa herüber und kommentierte, dass der Krieg barbarisch ausgeartet war und die USA jeden Anstand verloren hatten. Er bezog sich dabei auf die „Anakonda Strategie“, wo der Norden alles niederbrannte, um den Sünden alle Vorräte und das bloße Überleben zu nehmen. Aber worum ging es bei diesem Krieg? – Es ging um die Lebensweise des Südens, die nicht mehr die des Nordens war. Es ging um Geld und Handel, aber auch um die Sklaverei. Letztere müssen wir uns näher angucken.
Sklaverei und Rassismus
Die Baumwollproduktion im Sünden machte einige wenige Plantageninhaber sehr reich. Nichts zeigte das besser als die Verfilmung von „Vom Winde verweht“, die so gut wie jeder kennt. Man wurde so reich, weil man Sklaven beschäftigte. Einmal gekauft, ein Sklave war eine teure Geldanlage, kosteten Sklaven nach dem Kauf nur noch dürftige Unterkunft und Verpflegung. Am Erfolg der Arbeit waren sie nicht beteiligt. Und ansonsten waren sie auch an nichts beteiligt und hatten keine Rechte. Wen ihr Besitzer sie umbrachte, nur weil ihm so war, dann hatte das keine Folgen. Die Sklaven waren Schwarze, um es einmal erwähnt zu haben, falls es jemanden nicht klar geworden ist.
Der Norden industrialisierte sich, der Süden nur wenig. Es entstanden unterschiedliche Interessen in Bezug auf Handel und Wirtschaft. Daher entzweite sich das Haus USA, wie Lincoln es nannte. Die Südstaaten traten aus dem Staatenbund aus. Der Norden akzeptierte das nicht, weil man nicht austreten kann. Nachdem der Norden gewonnen hatte, schloss man den Sünden aus. Der Norden hatte wohl nur das argumentiert was ihm lieb und billig war. Letztlich ist doch immer das Recht, was die Macht einen erlaubt. Hegelsche Philosophie, die sich in der Praxis bewährte. Am Ende des Krieges war auch die Sklaverei offiziell vorbei. Die Sklaverei war nicht mehr zeitgemäß. Jedenfalls war sie es offiziell nicht mehr, was nicht nur in den USA der Fall war. Was für uns heute schwer zu verstehen ist, ist, dass man damals gegen die Sklaverei sein konnte und gleichzeitig Rassist. Damals war das normal. Quasi jeder war Rassist und die Befreiung der Schwarzen aus der Sklaverei hieß nicht, dass diese nun gleiche Rechte bekamen. Und das galt für alle so genannten farbigen Menschen in den USA, auch für die Asiaten, die Latinos und die Ureinwohner.
Weiße Vorherrschaft als Gesellschaftsmodell
Die Grundphilosophie war die, dass weiße Menschen den farbigen überlegen sind, und dass die weißen von Gott dazu bestimmt sind über die anderen zu herrschen. Folgerichtig hatten die weißen Menschen mehr Rechte und alle anderen waren nur Bürger zweiter Klasse. Man schleppte sich mit dem Rassismus-Problem in die Moderne. Erst 100 Jahre nach dem Bürgerkrieg hat auch der letzte Bundestaat das Verbot von Mischehen aufgehoben. Wirkliche Gleichberechtigung existierte damit aber nicht und tut es bis heute noch nicht.
Martin Luther King trat auf den Plan. Die Bürgerrechtsbewegung entstand. Proteste gegen Rassismus und für Gleichberechtigung wurden überall abgehalten. Die so genannten Rassengesetze wurden am Ende komplett aufgehoben. Aber das Problem selbst wurde nicht angegangen. Schwarze gingen als Soldaten nach Vietnam und kämpften dort für die freiheitlich demokratischen Rechte, die sie vor ihrer eigenen Haustür in den USA nicht hatten. Kurz vor seiner Ermordung erkannte Martin Luther King, neben Rassismus, noch ein weiteres Problem. Das war die soziale Ungleichheit und Armut in Amerika. Die betraf nicht nur Schwarze, sondern alle Hautfarben, wenn auch weiße weniger als andere. Martin Luther King plante einen Marsch der Armen auf Washington. Durch seine Ermordung ist es dazu nicht mehr gekommen. Und das Problem der sozialen Ungleichheit ist seit dem auch nicht angegangen worden. Die USA waren immer und sind weiterhin ein Land der extremen Unterschiede zwischen arm und reich.
Neoliberalismus und die Herrschaft der Eliten
Martin Luther Kings Analysen zur Armut vieler Amerikaner waren richtig. Die Verteilung des Volkseinkommens war zu tiefst ungerecht. Einige wenige wurden unerhört reich, die meisten jedoch lebten in bitterer Armut und ohne Perspektiven. Das galt nicht nur für Schwarze und Farbige, sondern auch für Weiße. Das System dahinter nennt sich Neoliberalismus.
Man kann die USA nicht verstehen, ohne deren Neoliberalismus zu verstehen. Wer ihn erfunden hat, weiß ich nicht, aber eine Person steht mit ihm in einem großen Zusammenhang. Das ist David Rockefeller. Er wurde 1915 geboren und sollte 102 Jahre alt werden. Woran Gott fest macht, wem ein langes Leben beschert ist und wem nicht, weiß nur er und erschließt sich mir jedenfalls nicht. David Rockefeller wurde als junger Student von der Weltwirtschaftskrise geprägt. Er lernte vor allem, dass es gefährlich für die reichen Eliten werden kann, wenn die Masse der Arbeiterklasse keine Beschäftigung, damit auch kein Einkommen mehr, hat. Sie machen dann die reichen Eliten dafür verantwortlich und wollen diesen ihr Vermögen wegnehmen. Ein Systemumsturz durch das Volk, bei dem die Eliten ihre Macht und Stellung verlieren, ist dann möglich. Diese Angst trieb nicht nur David Rockefeller herum, sondern sie war fortan die Angst aller Eliten in den USA.
In den 1950er Jahren entstand die Verfolgung der Sozialisten. Man hatte nicht nur Angst vor der Sowjetunion, sondern man glaubte, dass der Sozialismus überall lauert und quasi jeder den sozialistischen Umsturz plant. „Sozialistische Umtriebe“ wurden rigoros und wahnhaft verfolgt. Diesen Umtrieben folgte der Drang der schwarzen Bevölkerung nach Gleichberechtigung, der den Eliten Angst machte. Noch mehr Angst machte ihnen aber Martin Luther Kings Mobilisierung der Armen und seine Erweiterung seines Kampfes um soziale Gleichberechtigung. Rechtliche Gleichberechtigung für schwarze Amerikaner war eine Sache. Soziale Gerechtigkeit zwischen allen Amerikanern aber eine ganz andere Sache. Teilen wollte man nicht. Man wollte als Eliten den amerikanischen Traum leben und unerhört reich werden. Man besaß quasi das Land und die Menschen, die man mit demokratischen Kapitalismus so weit ausbeutete, wie die Bevölkerung es sich gefallen lies. Das durfte kein Sozialismus ändern und auch kein Aufstand der Armen. Selbst kleine Ausschläge in die Richtung von mehr Rechten und sozialen Leistungen für die Arbeiterklasse wurden wie ein Angriff auf das Land wahrgenommen. Das galt auch für Kennedys leichten Linksschwenk im letzten Jahr seiner Präsidentschaft, wo er erkannt hatte, dass die soziale Ungleichheit zwischen Eliten und Arbeiterklasse problematisch ist. Bevor er sich diesen Problem zuwenden konnte, wurde er leider ermordet.
Mit der Angst der Eliten um ihre Macht und ihr Geld, und mit dem Grundgedanken einer „White Supremacy“ begibt sich die USA in die Gegenwart.
Die USA in der Gegenwart
Wir denken nur all zu gerne in den uns bekannten Mustern. Die Muster der USA sind andere. Demokraten sind nicht links und Republikaner rechts, sondern in den USA sind alle rechts. Wenn es auch immer mal wieder, meist von den Demokraten, die Verwirklichung einiger kleiner linken Ideen gibt, so sind doch am Ende alle rechts und Neoliberalisten. Seit dem Linksschwenker von Kennedy gab es keine solchen Ansätze mehr in einer Regierung der USA. Carter mag ein paar Ideen gehabt haben, aber Ronald Reagan drehte dann so gar alle Uhren zurück. Weniger Rechte für die Arbeiter, weniger Regulierung und Erleichterungen für die Unternehmer. So ging es fortan weiter. Man drehte das Rad der sozialen Gleichberechtigung nicht weiter nach vorne, sondern zurück. Das tat auch Bill Clinton. Unter seiner Präsidentschaft gab es einen Wirtschaftsboom und er machte einige Dinge anders, aber er war kein linker Politiker, sondern ein Neoliberalist. Ihm folgte ein Republikaner, der die gleiche Politik machte, nur ganz offen und deutlicher. Und auf diesen wiederum folgte Barak Obama.
Barak Obama – Der Hoffnungsträger ohne den nötigen Mut
Barak Obama kam als Hoffnungsträger und für viele wie ein Messias. Die Republikaner glaubten bis zum Schluss nicht, dass dieser Kandidat die Wahl gewinnen wird. Er gewann sie dennoch. Barak Obama wurde der erste farbige Präsident der USA. Die Republikaner waren im Schock. Da war sie wieder, die Angst, dass jemand ihnen ihr Land wegnimmt. Sie trafen sich schon am Tag nach der Wahl und planten den Gegenangriff. Das Resultat war die sogenannte Tea-Party-Bewegung in der republikanischen Partei. Allerding waren Angst und Gegenangriff eigentlich unnötig. Man befürchtete, dass Barak Obama Politik für die farbigen Bürger und gegen soziale Ungleichheit machen würde. Diese Befürchtung erfüllte Barak Obama nicht. Inhaltlich war er ein weißer Präsident und führte die Politik der USA fort, die auch alle Präsidenten vor ihm gemacht hatten.
Barak Obama führte den Drohnenkrieg fort und tötete damit mehr Menschen als George W. Bush. Er hörte auf die Berater und stürzte, mit dem üblichen Vorgehen, die arabische Welt ins Chaos. Ebenso hörte er auf die Berater und schonte die Banken in der Finanzkrise. Er macht eine paar Umweltgesetze, aber links war er nicht. Den Neoliberalisten tat er nichts. Wenn es um Rassismus ging, dann wurde er schweigsam und schaffte es nicht, das Problem überhaupt anzusprechen. Für ihn schien es offiziell keinen Rassismus zu geben. Er kam nach Flint und die schwarze Bevölkerung setzte in einer politischen Krise dort auf ihn. Sie begrüßten ihn mit Schildern, auf denen stand, dass er ihr Präsident sei. Barak Obama nahm dieses Glas Wasser und nippte diesen Schluck dreckigen Wassers. Dann hielt er seine Rede und der Saal verstummte. Er verstummte nicht, weil der Saal so beeindruckt war, sondern weil der Saal so geschockt war. In diesem Augenblick verstand jeder, dass Brack Obama ein weißer Politiker war und einer der Eliten, nicht des Volkes. Als er abflog hielt keiner mehr ein Schild hoch.
Barak Obama war ohne Mut und zu ängstlich. Damit hat er nicht nur nichts bewirkt, sondern die Weichen auch noch in die falsche Richtung gestellt. Zum einen waren dort nun die Republikaner in voller Panik. Sie erfanden einen ganz neuen Stil in der Politik und auch einen gang neuen Typ Politiker. Sarah Palin war der erste nominierte Spitzenkandidat bei den Republikanern, der rein propagandistisch beworben wurde und nicht die bisher üblichen Qualifikationen besaß. Barak Obama besiegte sie in den Wahlen noch einmal knapp und durfte eine zweite Amtszeit absolvieren.
Zum anderen lernte die farbige und arme Bevölkerung nun, dass es egal ist, wen sie wählen und dass jeder Politiker, auch ein schwarzer Präsident, keine Politik für sie macht. Es ist egal, was und wen sie wählen, es ändert sich nichts. Die mittelständische, und weiter rechte Bevölkerung der White Supremacy Ideologie hingegen, war jetzt mobilisiert ihr Land, das sie als ihren Besitz sehen, gegen eine schwarze Übernahme zu verteidigen. So ging man auf die nächsten Wahlen zu.
Donald Trump – America First
Es war Barak Obama, der Trump verachtete und weiterhin verachtet, und ihn auf einer Veranstaltung verbal angriff. Er sah in ihm den Blender, der er war und ist, keinen Geschäftsmann und nur einen Narzissten. Mutmaßlich entschied Trump an diesem Abend Präsident werden zu wollen, rein aus Rache für die verbalen Angriffe von Obama. Er wurde der Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Er setzte sich mit Lügen und groben, würdelosen Angriffen auf seine Mitbewerber durch. Er war der Kandidat der Tea-Party-Bewegung. Hier geht es nicht mehr um Realpolitik, sondern um Blockade und „Amerika First“. Den Slogan „Amerika First“ hatte sich Trump schon sehr früh als Marke schützen lassen. Er ist ein neuer Typ Politiker, dem Fakten einerlei sind und der sich letztlich nur selbst inszeniert.
Fox News spielte hierbei wieder eine entscheidende Rolle. Roger Ailes war der damalige Chef von Fox News. Er war eigentlich nicht nur der Chef, sondern der Diktator dieses Fernsehsenders mit unbeschränkter Rückendeckung von Rupert Murdoch. Roger Ailes hatte bereits Nixon als politischer Berater ins Amt verholfen. Er war Medienprofi und galt als Präsidentenmacher. Ebenso gehörte er zur „White Sumpremacy“ Ideologie.
Dieses „White Supremacy“ ist eine heuchlerische Ideologie. Wirft an einen tieferen Blick darauf, so negiert sich diese Ideologie selbst. Es sind weiße Männer, die für traditionelle Werte stehen. Diese Werte sind nach Außen hin christlicher Anstand. In Wahrheit aber geht es nur um ein veraltetes männliches Weltbild, den Erhalt eines Patriachats. Frauen sollen vor der Ehe keinen Sex haben, für Männer wird das meistens lockerer gesehen. Die Frauen sollen nicht abtreiben dürfen und einiges mehr. Man glaubt, dass Gott die weiße Rasse zur Herrschaft über andere Rassen bestimmt hat. Und man glaubt auch, dass Gott denjenigen Macht und Geld beschert, die es verdient haben. Entsprechend gegenteilig, dass die Armen eben nichts besseres verdient haben, weil Gott es so wollte. Es geht unter dem Strich nur um Egoismus und Narzissmus. Man will für sich selbst das meiste und auf keinen Fall mit jemanden teilen. Roger Ailes war der Prototyp dieser Ideologie. Es ging ihm immer nur um seinen Ruhm und seine Macht. Es ging ihm um Geld und um Frauen. Fox News unter Ailes war ein Sender, in dem Frauen nach ihrem Aussehen beurteilt wurden, und dann Karriere machten, wenn sie ihm sexuelle Dienste leisteten. Letztlich kam das Ganze ans Licht und Murdoch musste Ailes fallen lassen. Alles, was wir Übles über Roger Ailes wissen, wissen wir auch über Donald Trump. Nur mit dem Unterschied, dass Donald Trump nicht einmal ein guter Geschäftsmann ist, sondern schlichtweg gar keine Qualität, außer einer großen Selbstliebe, hat.
Hillary Clinton – Die nicht gewählte Kandidatin
Gegen Donald Trump trat Hilary Clinton an. Sie stand für ein „Weiter wie bisher“. Sie setzte sich gegen Bernie Sanders durch. Michael Moore, der Filmemacher und Aktivist, sagte es offen in seiner Dokumentation: In allen Bundesstaaten hatten Bernie Sanders die meisten Stimmen erhalten, aber es wurde Hilary Clinton nominiert. Das war so abgesprochen in der Demokratischen Partei. Sanders musste es resigniert hinnehmen. Die Führung um Nancy Pelosi hatte es entschieden. Bernie Sanders war nicht gewünscht, weil er viel zu weit links ist. Er steht nicht für den Neoliberalismus, sondern für eine linksgerichtete Politik, die Armut und soziale Ungleichheit in den Mittelpunkt stellt. Das war für die Führung der Demokraten nicht vorstellbar. So einen Präsidenten wollte man nicht.
Die Wähler der Demokraten, insbesondere die farbigen Wähler, hatten jetzt gelernt, dass es egal ist, wen und was man wählt, man bekommt immer das selbe: Politik für die Eliten und nicht für die einfachen Leute. Selbst wenn man einen Schwarzen zum Präsidenten wählt, bekommt man immer das selbe. Und um Bernie Sanders wurde man auch noch betrogen. Daher blieben alle demokratischen Wähler aus Frust zuhause. Donald Trump hingegen motivierte die republikanischen Wähler mit populistischen alternativen Fakten. Für die unentschlossenen Wähler in einem konservativen Amerika, war, nach einem ersten schwarzen Präsidenten, nun eine erste weibliche Präsidenten schwer wählbar. Die Weichen waren gestellt und Trump wurde Präsident.
Die Verhärtung der Spaltung und die Demokratie auf dem Prüfstand
Die deutliche Mehrzahl der Amerikaner, so zeigt es auch Michael Moore in einer seiner Dokumentationen, wollen soziale Sicherheit, Krankenversicherungsschutz, bessere Rentenversicherung, keine Polizeigewalt usw. Sie wollen alles das, wofür Bernie Sanders steht, der aber nicht zur Wahl antreten durfte, und sie wollen alles das nicht, wofür Donald Trump steht. Dennoch wurde Donald Trump Präsident. Er ist das Ergebnis der von der Politik verdrossenen Wähler, die keine Motivation mehr hatten zur Wahl zu gehen. Er ist das Ergebnis eines veralteten Systems von Wahlmännern und Diskriminierung. Und er ist ein Ergebnis des Neoliberalismus, der die Politik übernommen hat. Ist die Demokratie damit am Ende?
In jedem Fall steht die Demokratie am Scheideweg. Sie muss die Antwort auf eine der entscheidenden Fragen unserer Zeit geben, die sich nicht nur in den USA stellt: Ist es wirklich so, dass nur der Neoliberalismus eine stabile fluktuierende Gesellschaftsordnung sichern kann und ohne diesen die Welt zusammenbricht? Wenn die Antwort „Ja“ ist, dann ist die Demokratie am Ende. Wenn die Antwort „Nein“ ist, dann hat die Demokratie eine Chance. Eine Chance, die die Eliten nicht ohne einen Kampf um ihre Macht und ihr Geld zulassen werden. Sie werden lieber alles zerstören als alles aufzugeben. Wie viel Chance hierbei eine Demokratie noch haben kann, muss sich zeigen. Demokratie hat viele Dinge geschaffen und viel mehr überlebt, als ihr oftmals zugetraut wurde.
Donald Trump und seine Regierung sind eine Regierung, die ein Gestern erhalten will, dass es morgen nicht mehr geben wird. Sie interessieren sich zuerst für sich selbst und für Werte, die nicht mehr in unsere Zeit passen. Die Politik hat keine Substanz und kennt nur ein Motto „America First“. Tatsächlich ist das Motto „Trump First“ oder „Pence First“. Sie tun, was ihnen gerade in den Sinn kommt, ohne Weitsicht und oftmals nicht zum Wohle der USA. Merken tun sie das selbst nicht, da jedes komplexe Verständnis von Wirtschaft und Politik fehlt. Sie setzen auf Propaganda mit alternativen Fakten. Es geht ihnen um einen Erhalt der eigenen Macht, wenn nötig zahlen sie dafür jeden Preis. Sie verkaufen dafür auch das Land, unbewusst oder bewusst. Es gibt kein Gewissen und keinen Anstand. Die Demokratie und demokratische Regeln interessieren sie nicht.
Die Spaltung der USA ist nicht nur geduldet, sondern auch gewollt. Die Spaltung ist Politik zum Machterhalt. Auf der einen Seite die Republikaner, die alle Anträge der Demokraten ablehnen, und auf der anderen Seite die Demokraten, die alle Anträge der Republikaner ablehnen. Man ist verfeindet, wie nie zuvor. Eine neue Form politischer Kultur in den USA. Eine politische Kultur, bei der auch demokratische Prinzipien nicht mehr zählen. Fakten und Rationalismus zählen noch weniger. Es geht nur noch gegeneinander. Und so geht man in eine Wahl von der eines sicher ist: Wer immer diese Wahl 2020 gewinnen wird, wird das Land nicht vereinen und die Spaltung beenden. Der eine, Trump, will es gar nicht, und der andere, Biden, wird es nicht können, egal wie sehr er es will.
Fazit
Die USA haben, neben den üblichen Themen wie Wirtschaftswachstum und Staatsschulden, andere strukturelle Probleme in anderer Qualität als wir Europäer sie haben. Probleme die der zukünftige Präsident erben wird:
- Rassismus
- White Supremacy
- Milizen, Waffenprobleme und Polizeigewalt
- Soziale Ungleichheit und Armut
- Bildungsungerechtigkeit
- Krankenversicherungs- und Rentensystem
- Modernisierung der Demokratie
- Macht der Neoliberalisten
Wird Trump erneut zum Präsidenten gewählt, so wird er viele dieser Probleme schüren und das Land darüber weiter spalten. Am Horizont wird sich dann etwas zusammenbrauen, was hin bis zu einem Bürgerkrieg reichen kann. Joe Biden würde ein moderaterer Präsident sein, der die Spaltung nicht vorantreiben und als politisches Mittel zum eigenen Machterhalt nutzen wird. Aber auch seine Möglichkeiten sind begrenzt. Und er ist nicht Bernie Sanders. Er ist kein linker Politiker und er steht letztlich nur für eine Politik der Beschwichtigung, ohne wirklich Veränderungen. Wirkliche Veränderungen sind aber notwendig.
Wer in der Politik, so sagt man, an die Macht kommt, der lernt schnell, was „Realpolitik“ heißt. Das wird vermutlich auch für die jungen Hoffnungsträger in der amerikanischen Politik gelten. Alexandria Ocasio-Cortez steht für diese Gruppe, die die Probleme des Landes offen anspricht und auch angehen will. Die Frage ist nur, was wirklich zu erreichen wäre? Genau wie Trump, würde eine klar nach links gerichtete Regierung, die mehr soziale Gleichheit schafft und gegen Rassismus vorgeht, am Ende ebenso die Spaltung des Landes vorantreiben.
Man kann eine Ideologie, wie White Supremacy und Rassismus, die in den Köpfen von Millionen und über Generation gewachsen ist, nicht durch Gesetze verändern. Schnelle Lösungen gibt es dafür nicht. Es muss ein Prozess in Gang gesetzt werden, der eine neue amerikanische Identität schafft. Ein Prozess, der den amerikanischen Traum anders definiert, und ein Prozess, der alle Amerikaner mitnimmt. Ein amerikanischer Traum, wo wir keine Bilder von Obdachlosen in Zelten und unter Brücken mehr sehen. Wo wir keine Bilder von schwarzen Protestlern vor einem Hintergrund weißer, bis an die Zähne bewaffneter, Männer sehen. Und wo wir auch keine unverhältnismäßige und an der Hautfarbe manifestierte Polizeigewalt mehr sehen. Trump ist nicht der Präsident für einen solchen Prozess und eine moderne USA. Ob Biden dieser Präsident ist oder ob das Land wirklich am Ende der Demokratie steht? – Wir wissen das nicht und darüber zu spekulieren hilft auch nicht. Wir können nur abwarten und mit Bangen über den Atlantik blicken.