Zur Digitalisierung gehört mehr, als nur zu wissen, wie man ein Smartphone benutzt. Eines der besonders spannenden Felder, jedenfalls für mich, ist „digitale Ethik“. Ethik ist ein Begriff, der für den Ansatz steht, moralisch und somit richtig zu handeln. Das Problem ist nur, dass es selten eindeutig ist, wie man „richtig“ definiert. Und damit wird es schwierig. Philosophen, Religionsgelehrte und Wissenschaftler haben sich damit, quasi seit die Menschheit begonnen hat zu denken, auseinandergesetzt. In Deutschland leisten wir uns einen Ethikrat, der Empfehlungen gibt, was richtig wäre. In diesem Rat ist man sich meistens aber auch nicht einig und macht Kompromisse. Ethik ist also keine einfache Sache in Kategorien von schwarz und weiß.
Ein Blick in die Geschichte
Der Leser kennt es wohl schon von mir, ich schweife gerne in die Geschichte ab, um die Gegenwart zu erklären. Ich will aber gar nicht so weit ausholen, sondern nur ins 17. Jahrhundert zurückgehen, zu Sir Francis Bacon. Der Englische Staatsmann und Philosoph schrieb in seiner auf Latein abgefassten Schrift „novum organun“, dass die Menschheit sich nunmehr aufgemacht hat sich die Natur kontinuierlich zum Untertan zu machen. Er führte dafür drei technische Innovationen an. 150 Jahre später folgte die Zeit der Aufklärung und der Wissendrang der Menschen wuchs. Mit dem Wissensdrang auch die Wissenschaft, und mit ihr der Fortschritt. Man forschte in jeder erdenklichen Form und betrachtete alles aus dem Blickwinkel der Vernunft. Diesem schloss sich die Industrialisierung an und Mitte des 20. Jahrhunderts dann die Computerisierung, die uns in die Digitalisierung führte. Im Sinne von Sir Francis Bacon ist der Mensch mit der Digitalisierung, auf seinem Weg sich die Natur kontinuierlich zum Untertan zu machen, einen großen Schritt vorangeschritten.
Zur Frage der Ethik in der Digitalisierung müssen wir in diesem Zusammenhang aber noch einen Aspekt betrachten: Die Vernunft. Golo Mann, der große Kenner Europäischer Geschichte, schrieb in seinem Werk „Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts“, dass der Anspruch an die Vernunft nie größer war als in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts abnahm und im ganzen 19. Jahrhundert größer als im 20. Jahrhundert war. Und es ist nicht vermessen, sondern bittere Wahrheit hinzuzufügen, dass die Vernunft im 21. Jahrhundert weiter abnimmt. Wenn hier von Vernunft gesprochen wird, dann von Vernunft im Sinne der Aufklärung. Also Vernunft im Sinne eines Thomas Paine und seiner Schrift „Common Sense“.
Diese Vernunft ist also kontinuierlich im Niedergang. Der Niedergang begann mit der Industrialisierung und dem damit ebenso beginnenden Kapitalismus. Nicht mehr Gesellschaft, Demokratie und der vernünftige geistige Output, gemessen an den Grundsätzen von Logik und Philosophie, sind das erstrebenswerte Ziel der Menschen, sondern Ziel wird jetzt die Anhäufung möglichst großen Reichtums. Ein in dieser Zeit aufgekommenes Sprichwort heißt: „Der einzige Gott der Menschen ist das Geld!“ Und mit diesem Ansatz rück das Allgemeinwohl vor den narzisstischen materiellen Süchten der einzelnen Menschen und ihrer Organisationen in den Hintergrund. In diese Zeit wird die Digitalisierung hineingeboren. Und es verwundert vor diesem Hintergrund nicht, dass eines Ihrer Wesen das ist, ein paar Menschen unendlich reich zu machen und wenig das einzelne Individuum zu berücksichtigen.
Der Zeitgeist
Ethik kann man nicht ohne einen Blick auf den Zeitgeist betrachten, und wie eben dargestellt, ist der Zeitgeist, also die Wirklichkeit im Sinne Hegels, das Anhäufen von Wohlstand um jeden Preis. Man zerstört für diesen Wohlstand als höheres Ziel Flora, Fauna, Natur, Umwelt und auch das Klima. Alles ist gerechtfertigt, bekommt man nur ein genügend großes Stück des Kuchens ab. Wer eine andere Philosophie lebt, der ist in Deutschland, und nicht nur hier, „ein Linker“ und eine Gefahr für die Gesellschaft. Das ist der Zeitgeist in dem die Digitalisierung zu betrachten ist.
Es muss aber auch die Frage gestellt werden, ob Zeitgeist sich nicht irren kann und die Sucht der Menschen nach Reichtum am Ende zwar Wirklichkeit, aber dennoch, in Negation zu Hegel, nicht moralisch ist. Und hier stellt sich die grundlegende Frage: Was ist moralisch? Jeder wird diese Frage anders beantworten, so dass es keine eindeutige Antwort gibt. Entsprechend versuche ich mich auch gar nicht hieran, sondern stelle nur fest, dass die Moral wohl irgendwo zwischen allen Ansichten, im Sinne eines Kompromisses, liegen muss. Und entsprechend die Ethik ebenso.
Risiken in der Digitalisierung
Um Fragen nach möglichen ethischen Problemen in der Digitalisierung nachgehen zu können, muss man sich angucken, welche Risiken und Ungerechtigkeiten die Digitalisierung für Menschen und Gesellschaften mit sich bringt. Ginge sie ohne Risiken und Ungerechtigkeiten einher, wäre die Digitalisierung sicher ethisch unbedenklich und man müsste diese Blogbeitrag gar nicht schreiben.
Die Risiken der Digitalisierung sind folgende:
- „Mental Health“, die seelische und emotionale Gesundheit von Menschen
- Versehentliches Begehen von straf- oder zivilrechtlichen Delikten.
- Wirtschaftlicher Verlust für Menschen.
- Ideologische Beeinflussung von Menschen zu extremistischen oder anti-demokratischen Einstellungen.
- Gefährdung der demokratischen Stabilität in der Gesellschaft und der Grund- und Menschenrechte.
- Zerstörung der Umwelt.
- Ungerechte Verteilung von Wohlstand zwischen der Masse und einigen wenigen Menschen.
So einfach, in einigen kurzen Punkten, ist diese Fragestellung nach den Risiken abgehandelt. Und genau so kurz und knapp lässt sich sagen, dass alle oben genannten Risiken von hoher tatsächlicher Relevanz in der Digitalisierung sind. Damit könnte man dann, bleibt man bei kurz und knapp, den Schluss ziehen: Die Digitalisierung ist unmoralisch!
Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Aber richtig ist natürlich, dass das Individuum und die Rechte und Freiheiten einzelner Personen die großen Tech-Konzerne wenig scheren. Man will Geld verdienen und stellt dafür alles andere in den Hintergrund. Im Marketing der Tech-Konzerne wird dieser Punkt natürlich anders dargestellt, aber Marketing ist eben deshalb Marketing, um Dinge anders zu verkaufen als sie sind.
In der „Latest Vision“ der Tech-Konzerne, allen voran in der von Marc Zuckerberg, will man Menschen in den virtuellen Raum bringen, diesen virtuellen Raum mit der sogenannten erweiterten Realität verbinden, und die Menschen dann in ein Metaversum bringen. Ob das aus psychologischer Sicht Risiken für Menschen birgt, ist hierbei keine relevante Fragestellung. Dass es den Tech-Konzernen um eine mögliche Visionen einer Zukunft für die Menschheit geht, ist im Ansatz sicher richtig. Aber vor allem geht es um eine Vision Menschen dazu zu bringen, so viel Digitalisierung wie irgend möglich zu nutzen, also so wenig wie möglich im Reallife zu leben. Denn nur so verdient man Geld mit der Digitalisierung, und Geldverdienen, wir erinnern uns, ist der Zeitgeist, der alles andere in den Hintergrund stellt.
Digitalisierung in der Globalisierung
Jetzt habe ich schon mehrere Absätze Einleitung gemacht und es nimmt kein Ende. Hieran sieht man, dass die Sache mit der Ethik gar nicht so einfach zu umfassen ist. Und leider kommen wir auch nicht ohne einen Blick auf die Globalisierung zu werfen aus. Globalisierung ist die dynamische Steigerung der Austauschverhältnisse auf Faktormärkten in Quantität, Qualität und geografischer Flächentiefe. In einfachen Worten: Die Prozesse, an denen Menschen Teilnehmen, werden immer mehr, es kommen immer neue Prozesse hinzu und alles wird immer komplizierter. Die Digitalisierung gibt dieser Dynamik nochmals einen deutlichen Schub.
Der durchschnittliche Mensch kommt mit der Digitalisierung dabei nur in soweit mit, dass er Endgerät in einem erforderlichen Umfang nutzt. Verstehen tut der durchschnittliche Mensch nichts von der Funktionsweise der Netze, der Verarbeitung von Daten und der Sicherheit der Geräte. Technik wird also nur genutzt, ohne Digitalisierung zu durchblicken. Man kann nicht sehen, was in den Geräten passiert, man nimmt nur einen Bildschirm wahr. Und man kann auch nicht erdenken, was in den Geräten passiert, denn das ist viel zu kompliziert. Der Mensch ist hierbei sehr weitgehend entmündigt und vertraut auf die Technik sowie die, die sie gebaut oder eine Anwendung programmiert haben.
Diese Entmündigung ist ethisch ein Problem und führt zu der Frage, wie viel Entmündigung des Menschen, unter ethischen Aspekten, hinnehmbar ist. Gleichermaßen ist dem entgegenzuhalten, dass die Nutzung digitaler Technik den Menschen ein Bedürfnis ist, denn Menschen kaufen diese Technik. Der Markt zeigt es und Digitalisierung ist damit Zeitgeist, also Wirklichkeit im Sinne Hegels. Und damit sind wir wieder beim bekannten Problem: Ist der Zeitgeist, wenn er Wirklichkeit ist, damit auch automatisch moralisch? Dieser Ansatz ist als Dogma zu verneinen, aber kann bei einer Betrachtung nicht unberücksichtigt bleiben.
In medias res
Gehen wir in medias res, wenn es überhaupt ein „medias res“ gibt und am Ende die Ethik der Digitalisierung nicht eine eher ideologische Frage ist, die jeder für sich beantworten muss. Grundlage einer Betrachtung unter Aspekten von Ethik und Moral können nur unsere Verfassung, die Menschenrechte und UN-Konventionen sowie die freiheitliche demokratische Grundordnung sein. Diesem haben wir uns als Gesellschaft verpflichtet bzw. haben diese Grundsätze auf Basis demokratischer Entscheidungsverfahren für uns geschaffen. Doch leider weicht dieser Wertekonsens in der Gesellschaft derzeit mehr und mehr auf. Die Gesellschaft spaltet sich in konservativ-rechts und in ein links, was alles einbezieht, was nicht konservativ-rechts ist. Dabei geht es jeder Seite um Ethik und Moral, und natürlich hat jede Seite die richtige Ethik und Moral auf der eigenen Seite. In diesem und allen vorherigen Kontext müssen also die Themenfelder der Digitalisierung untersucht werden.
Gewaltenteilung und Aufgaben des Staats
Wir haben aus gutem Grund Legislative, Exekutive und Judikative getrennt. Unsere Parlamente machen Gesetze, welche natürlich auch für den digitalen Raum gelten, und Polizei wie Staatsanwaltschaft verfolgen Delikte. Wer sich im Unrecht sieht, kann sich an eine unabhängige Judikative wenden. Das ist unser traditionelles Ordnungskonzept in gelebter Demokratie. Privaten Unternehmen wird hierbei keine Aufgabe zu Teil, außer Hausrechte auszuüben. Mit dem Fortschreiten der Digitalisierung sind wir in ein diesbezügliches Problemfeld eingetreten. Digitale Plattformen und Dienste schaffen eine breite Öffentlichkeit für Inhalte. Darunter auch Inhalte, welche gegen Rechtsnormen verstoßen. In manchen fällen offensichtlich, in anderen möglicherweise. Offensichtlich oder möglicherweise spielt auch wenig Rolle, zu bewerten und zu sanktionieren ,ob ein Inhalt gegen eine Rechtsnorm verstößt oder nicht, ist Aufgabe des Staates. Nur der Staat allein darf hierüber wachen und in einem fairen Verfahren Strafen bestimmen.
Das Wächtermonopol wird aber immer weiter an Tech-Konzerne abgegeben. Letztere haben bereits einen eigenen und weitreichenden Spielraum, quasi als Ausübung ihres Hausrechts, zu bestimmen, welchen Nutzer*innen Reichweite gegeben wird, welche Nutzer*innen man sperrt oder welche Inhalte gelöscht werden. Hierzu kommen Überwachungsaufgaben zur Einhaltung der Rechtsnormen einzelner Länder. Somit hat ein Tech-Konzern faktisch eine sehr weitreichende Machtstellung Meinungsfreiheit zu beschränken und zu bestimmen, welche Inhalte öffentlich zugänglich sind bzw. der Öffentlichkeit bevorzugt präsentiert werden. Gleich ob ein Tech-Konzern hier nach rein wirtschaftlichen oder anderen Interessen handelt, stellt diese Tatsache einen politischen Eingriff und eine Verzerrung öffentlicher Meinungsbildung dar.
Ein politischer Eingriff in die öffentliche Meinungsbildung, der Intransparent ist und nicht durch hierfür legitimierte Personen stattfindet, ist grundsätzlich unethisch. Ein solches Vorgehen deckt sich nicht mit unseren demokratischen Werten. Aus ethischen Aspekten müssen die Anbieter großer Plattformen, die eine Öffentlichkeit schaffen, dazu verpflichtet sein, diese Öffentlichkeit fair und transparent für alle Nutzer*innen und deren Inhalte gleichermaßen verfügbar zu gestalten. Bevorzugungen einzelner Nutzer*innen müssen strengen Kriterien unterliegen, die im Wesenskern durch die Legislative bestimmt werden, und die transparent sein müssen. Auf diesem Weg befinden wir uns zu mindestens ein kleines Stückweit in der EU. Der jüngst in Kraft getretene Digital Services Act versucht einige Aspekte hiervon, insbesondere was Transparenz angeht, umzusetzen. Unter ethischen Aspekten ist sicher auch zu befürworten, dass Entscheidungen über Einschränkungen von Nutzer*innen oder Inhalten Regeln bekommen und am Ende solche Einschränkungen nicht in einem allein automatisierten Verfahren getroffen werden dürfen. Ganz klar ist aber auch zu bemängeln, dass der Staat seine Aufgaben der Überwachung und Bewertung von Rechtsverstößen an private Unternehmen abgibt.
Schutzauftrag des Staates
Grundsätzlich hat der Staat einen Schutzauftrag für seine Bürger*innen und dieser umfasst auch für den digitalen Raum sowie die Nutzung digitaler Endgeräte. Dieser Schutzauftrag besteht auf ganz verschiedenen Feldern, insbesondere im Gesundheitsschutz als auch im Schutz vor finanziellen Risiken, vor Sucht und vor Kriminalität. Das Anliegen der Tech-Konzerne ist nicht das Wohl des einzelnen Individuums, wie oben schon bemerkt wurde. Es geht darum Menschen für die Nutzung digitaler Anwendungen zu gewinnen, und zwar für so viele Anwendungen wie möglich als auch dafür, möglichst viel Zeit in diesen Anwendungen zu verbringen. Die psychische Gesundheit oder eine Beeinträchtigung des sozialen Lebens der Menschen interessiert die Tech-Konzerne nicht. Das ist bittere Wahrheit und auf jedem Fall unethisch. Auch der Staat versagt bisher auf diesem Gebiet. Er erkennt zwar Internetsucht, Gaming-Disorder und andere derartige Phänomene als Problem, hat bisher aber keine wirksamen Regulationen hierfür geschaffen.
Es ist auch gängige und ganz offen ausgesprochene Praxis in der Tech-Welt, das Anwendung mit Sicherheitslücken und Schwachstellen zur Verfügung gestellt werden. Das Motto in der Branche heißt: „Besser fertig als fehlerfrei!“ Dieses Motto bedeutet auch eine hohe Anfälligkeit und Gleichgültigkeit gegenüber der Sicherheit von Geräten und Anwendungen. Man löst das Problem über AGBs, mit denen man jede Haftung ausschließt. Leidtragende sind am Ende die Nutzer*innen, die dadurch leicht zum Opfer von Cyberkriminellen werden. Zwar hat der Staat inzwischen in vielfältiger Weise Regulierungen erlassen, welche bestimmte Sicherheitsstandards vorschreiben, aber dennoch ist man weit davon entfernt, hier von ethischen Ergebnissen sprechen zu können. Eine Regulierung, welche allen Tech-Anbietern, gleich ob Software oder Hardware, die Einhaltung von Sicherheitsstandards in der Bereitstellung, einschließlich der Haftung für Fehler und Schwachstellen zuschreibt, gibt es nicht und ist auch nicht in Sicht.
Künstliche Intelligenz
Die Vision der Zukunft ist, dass es tatsächlich für alles eine App gibt und diese Anwendungen die Aufgaben der Menschen lösen, zu mindestens erheblich vereinfachen. Der Mensch selbst muss es nicht mehr erledigen. Künstliche Intelligenz (KI) macht es möglich und bestimmt bereits jetzt zunehmend unseren Alltag. Ethisch gesehen hat der Ansatz Fragezeichen. Es spricht sicher nichts dagegen, wenn Algorithmen große Datenmengen durchsuchen und analysieren. Auch nichts dagegen, dass eben diese Algos das Internet durchsuchen und auf der Basis ihrer gewonnenen Informationen unsere Fragen sprachlich korrekt formuliert beantworten. Derartige Anwendungen entmündigen uns zwar ein Stück weit, erleichtern aber nur unsere Arbeit, weil Maschinen einige Dinge schneller und zuverlässiger als Menschen können. Anders wird es, wenn wir die Welt der Sprachmodelle verlassen und uns in den Bereich des „Deep Learnings“, Predict Risk Modelling (PRM) und dergleichen begeben. Hier bekommt der Mensch zwar Ergebnisse für seine Fragestellungen, jedoch Ergebnisse, wo niemand mehr versteht, auf welcher Basis diese getroffen wurden. Entsprechend kann auch niemand mehr sagen, ob die Ergebnisse falsch oder richtig sind. Der Mensch ist damit entmündigt, die Maschine hat die Herrschaft übernommen, der Mensch folgt nur noch. Dieses Szenario entspricht der Zukunftsvorstellung vieler IT-Köpfe und ist in deren Augen auch ethisch, denn es entwickelt die Menschheit auf ein höheres Niveau fort. In den meisten anderen Köpfen ist es nicht ethisch und stellt Fragen nach einer Regulierung von KI, wie zum Beispiel auch in der Genforschung.
Auch hier ist der Staat noch nicht eingeschritten. Europa plant als Vorreiter in der Welt einen AI-Act, um künstliche Intelligenz zu regeln. Vorgesehen ist im AI-Act der EU eine Grundrechts-Folgenabschätzung. Hier sieht man sehr gut, worum man sich in der Politik sorgt, und zu recht sorgt. Künstliche Intelligenz kann uns als Mensch entmündigen und Entscheidungen treffen, in denen Menschen nur noch als Objekt gewürdigt werden. Eine ungebremste Entwicklung von KI, ohne jede Regulation, hat also große Gefahren und kann nicht ohne ethische Vorbehalte gut geheißen werden.
Netzfreiheit und Verbraucherschutz
In der Betrachtung nicht zu vergessen ist auch das Grundrecht der Menschen sich im Internet frei und sicher entfalten zu dürfen, uneingeschränkten Zugriff auf Informationen und Teilhabe zu bekommen und einiges mehr. Dieses Grundrecht wurde jüngst durch den europäischen Menschen-Gerichtshof gestärkt, der entschieden hat, dass eine ende-zu-ende Verschlüsselung im Internet ein Menschenrecht darstellt. Sicherheit, als auch Anonymität als Schutzrecht stellen also eine ethische Grundlage für die Nutzung des Internets dar. Um die Macht der Tech-Konzerne zu beschränken wurde in der EU der Digital Markets Act (DMA) erlassen. Er soll Verbraucherrechte stärken, auch kleineren Unternehmen Zugänge ermöglichen und für ein Fairplay sorgen. Ob die großen Tech-Konzerne sich auf diese Art entmachten lassen, ist fraglich. In jedem Fall ist es ein Ansatz und zwar ein ethisch motivierter Ansatz.
Der ganzen Geschichte gegenüber steht die Wirtschaft, die vor allem eine unregulierte Fortentwicklung aller Techniken der digitalen Welt will. Der Ansatz hier ist, dass Wirtschaftswachstum Wohlstand und das Ziel der Menschen ihren Wohlstand zu vergrößern ist, was dem Zeitgeist entspricht. Auch dieser Ansatz mit Geld als Antrieb, ist per se nicht unmoralisch, denn Armut führt zu sozialen Konflikten und Krieg. Die unregulierte Fortentwicklung von Digitalisierung könnte mehr Menschheitsprobleme lösen als sie neue schafft. Auch das ist ein mögliches Szenario und wäre, wenn das am Ende das Ergebnis wird, sicher ethisch zu befürworten.
Last but not least, oben schon einmal kurz erwähnt, muss die empfundene Überregulierung angesprochen werden. Sie ist nur empfunden, denn tatsächlich haben wir keine Über-, sondern eine Unterregulierung. Das klingt schrägt, liegt aber daran, dass wir so viel mehr Prozesse, die reguliert werden müssen, über die letzten 30 Jahre hinzugewonnen haben, dass wir diesem bei weiten nicht nachgekommen sind. Zusätzlich sind diese neuen Prozesse alle höchst komplex und können nicht mit einfachen Regeln, die jeder sofort versteht, angegangen werden. Wir müssten also noch viel mehr und komplexer regulieren, sprich mehr Bürokratie schaffen, aber auch zielgerichteter regulieren. Viele Vorschriften laufen ins Nichts und verfehlen ihr Ziel. Problem hierbei ist, dass die Menschen nicht mehr Bürokratie und Regulierung in ihren Köpfen verarbeiten können. Menschen sind diesbezüglich bereits jetzt überlastet und reagieren mit Stresssymptomen und Verweigerung. Auch hier stellt sich die Frage der Ethik in Bezug auf mehr Regulierung als ein Mensch verkraften kann. Genaugenommen ist es keine Frage, die sich hier stellt, sondern ein großes Dilemma. Die Notwendigkeit ist unabdingbar, gleichzeitig aber auch die Ursache für ein ebenso anderes großes Problem.
Fazit
Was soll man als Schlussfolgerung aus all dem oben, nur ganz minimal angepingten Fragestellungen zu Ethik in der Digitalisierung, ziehen? Ethik ist hier in jedem Fall mehr als nur eine Frage von Moral, von Richtig und von Falsch. Es geht hier auch um Ideologie und die Frage, welche Zukunft wir und als Menschen für die kommenden Generationen vorstellen. Und hierbei vor allem darum, wie Mündig der Mensch in einer modernen digitalen Welt bleiben soll oder ob er wesentliche Kernkompetenzen an Maschinen abgibt?
Somit kann ich hier nur für mich sprechen uns sagen: Wohlstand zu mehren ist wichtig und die Digitalisierung kann dabei helfen. Jedoch muss alles seine Grenzen haben und der Mensch mündig bleiben. Ich vertrete den Ansatz einer nachhaltigen Nutzung der Digitalisierung, in welcher der Mensch die Technik beherrscht und nicht durch diese entmündigt wird, und in der der Mensch vorwiegend persönlich im Sozialraum mit anderen Menschen interagiert und nicht in ein Metaversum transferiert wird. Besonders wichtig finde ich den Ansatz, Risiken für unsere freiheitlich demokratischen Grundrechte sehr hoch zu würdigen und die Digitalisierung diese nicht unterwandern zu lassen. Digitalisierung sollte Grund- und Menschenrechte schützen. Ich halte das für einen ethischen Ansatz. Wenn andere das anders sehen, ist es ebenso eine mögliche Sichtweise. Es gibt nicht die eine richtige Ethik in der Digitalisierung.