Der mit dem Corona-Virus einhergehende Shutdown führt uns in eine schwere Rezession. Die Politik ergreift Maßnahmen in einem vorher nie gekannten finanziellem Umfang, um der Krise Herr zu werden. Auf allen Medien und aus allen politischen Richtungen heraus wird analysiert und kritisiert. Jeder erlaubt sich seinen persönlichen Kommentar. Da dachte ich mir, dass ich mich auch einmal zu diesem Thema mit meiner Meinung äußern darf.
Bevor ich das tue, möchte ich aber eines klarstellen: Ich bin überzeugt, dass der Shutdown mit der damit einhergehenden Botschaft “Menschen vor Wirtschaft” der richtige Schritt war. Und es war auch die für unsere Zeit angemessene Moral, die hier gelebt wurde.
Die Wirtschaftskrise vor der Shutdown Wirtschaftskrise
Persönlich bin ich der Auffassung, dass wir derzeit zwei neue Formen einer Wirtschaftskrise sehen, die wir bisher so nicht gekannt haben. Vor dem Shutdown befanden wir uns bereits auf dem Weg in eine Krise, wenn wir nicht bereits in einer steckten. Diese Entwicklung zeigte sich in den negativen Zinsen und dem für Investitionen zu viel zur Verfügung stehendem Geld. Hier zeigte sich eine Fehlentwicklung. Bei den Investoren, der Finanzelite und den Fonds, häuften sich die Gewinne und das Kapital, ohne dass es auf der anderen Seite entsprechende Möglichkeiten der Anlage dieser Gelder mehr gab. Die Folge des Überschusses an Geld waren steigende Börsenkurse und negative Zinsen. Die realwirtschaftlichen Gegebenheiten dahinter ist zum einen die Tatsache, dass die Ressourcen unseres Planeten an Menschen und Umwelt endlich sind. Wir können Bevölkerung und Ausbeutung der Umwelt, wie wir es über die letzten 50 Jahre getan haben, nicht in dem Maße weiter steigern. Diese Dynamik flacht sich ab. Zum anderen flachen sich aber die für Investitionen zur Verfügung stehenden Mittel nicht mit ab, sondern steigen weiter dynamisch an. Grund hierfür ist das neoliberale System mit einer überproportionalen Umschichtung des Geldes an die Finanzinvestoren.
Auf der Grundlage dieser Problematik standen wir bereits vor dem Shutdown, mit zu mindestens einem Fuß, in der Krise. Anders als in 2008 ist diese Form der Krise keine Liquiditätskrise. Geld ist genügen da. Aber es gibt keine entsprechenden Anlagemöglichkeiten mehr. Und genau an dieser Stelle kommt der Shutdown. Eine weitere, ganz neue Form einer Wirtschaftskrise, die wir so bisher nicht kennen.
Noch mehr Geld als Lösung der Probleme
Die Ausgangssituation vor dem Shutdown ist die, dass wir zu viel Geld im System haben. Nun kommt der Shutdown und die Politiker aktivieren Summen, die wir vorher nie für möglich gehalten hätten. Allein Deutschland redet über 500 Milliarden Euro. Auch wenn der größte Teil davon Kredite sind, so ist doch all dieses Geld zusätzliches Geld, das in das System fliest. Natürlich müssen bedürftige Menschen und auch Unternehmen unterstützt und gerettet werden. Das steht nicht zur Debatte. Aber die Frage ist, wo wir doch eh schon zu viel Geld im System haben, warum all dieses Geld nicht den Unternehmen und Menschen zur Verfügung steht und wir stattdessen neues Geld generieren müssen? Die meisten betroffenen Unternehmen und Menschen sind nach wenigen Wochen nicht mehr liquide. Sie haben keine Reserven. Sie haben nicht zu viel Geld und sie kommen auch nicht an dieses zu viele Geld heran. Es steht ihnen nicht zur Verfügung und wird ihnen auch nicht verfügbar gemacht. Das zu viele Geld liegt bei einigen wenigen Finanzinvestoren. “Einige wenige” hier in Köpfen im Verhältnis zur Restbevölkerung gesehen.
Jetzt kommen wir mit noch mehr Geld. Mit gigantisch mehr Geld. Die Frage dazu ist, wo landet dieses Geld am Ende? Bleibt dieses in der breiten Bevölkerung oder landet es bei den einigen wenigen Finanzinvestoren, die dann noch reicher sind? Wenn es dort landet, dann sind diese noch reicher und haben noch mehr Überhang an Geldmitteln gegenüber Anlagemöglichkeiten. Wohin führt uns so etwas? Meiner persönlichen Meinung nach ist das die entscheidende Frage, denn die meisten Mittel werden früher oder später in die Taschen der Finanzinvestoren fließen. So ist das Wirtschaftssystem und die Corona-Krise ändert hieran nichts.
Hätten wir das ganze Geld als Kaufkraft bei den “kleinen Leuten”, wäre Inflation das Resultat. Eine Stärkung der Nachfrage, aufgrund von einem kurzfristig höherem Geldvermögen mit leichter Inflation, ist wahrscheinlich. Es wird aber keinen außerordentlicher Effekt dieser Art geben. Das meiste Geld wird, ohne zusätzliche Nachfrage und Inflation auszulösen, bei den Finanzinvestoren enden. Folgerichtig müssen diese etwas damit machen. Die einzigen Schlussfolgerungen hieraus sind steigende Aktienkurse und weiter fallende Zinsen. Weiter fallende Zinsen heißt steigende Negativzinsen.
Zusammenbruch der Währungen
Die gängigste Form des Zusammenbruchs einer Währung ist die Inflation. Eine andere Form wäre einfach die “für wertlos Erklärung” einer Regierung mit einhergehender Währungsreform. Letzteres ist eine Art super Gau für Anleger. Beides will keiner, und vor allem wollen es nicht die Finanzinvestoren, die das Geld besitzen. Wird das Geld wertlos wertlos, besitzen sie nichts mehr. Diese Aussicht klingt nicht verlockend. Und jetzt wird es problematisch, denn eine Lösung hierfür liegt nicht auf der Hand.
Werfen wir einen Blick auf Argentinien: Argentinien ist de facto pleite und der Staatsbankrott steht an. Wäre es ein souveränes Land, würde man die Währung als wertlos erklären, womit alle Schulden des Landes verfallen sind, und eine Währungsreform tätigen. Falls noch Schulden in einer ausländischen Währung bestehen, dann erklärt man als Regierung auch hierfür die Zahlungsunfähigkeit und die Forderung des Gläubigers als wertlos. Danach kann man von Null aus neu starten. Das funktioniert aber nicht, weil die Schulden von Argentinien in US-Dollar festgeschrieben sind und ein amerikanisches Gericht geurteilt hat, das Argentinien keine souveränen Rechte besitzt sich von diesen Schulden zu befreien. Die US Gerichte sind übrigens immer zuständig, gleich für was und wo auf der Welt, nur nie andersherum. Das ist aber ein anderes Thema. Fakt hier ist, dass Argentinien sich nicht aus seinen Schulden befreien kann, nicht durch Staatsbankrott, nicht durch Inflation, schlichtweg durch nichts. Argentinien kann nicht neu bei Null anfangen. Das Land hat immer Schulden. In der Praxis heißt das, dass die argentinischen Menschen immer für die Finanzinvestoren anderswo in der Welt arbeiten müssen. Ein Teil ihrer erbrachten Leistung fließt über ihren Staat an das Ausland und kommt ihnen nicht zu Gute. Die Schulden sind so hoch, dass man sie nie los wird. Das geht also auf immer und ewig so weiter, nicht nur auf Lebenszeit, sondern über Generationen hinaus. Argentinien ist versklavt. Anders kann man es nicht nennen.
Was bedeutet das für Europa
Europa ist nicht Argentinien. Wir haben die letzten Jahre eine Sparpolitik gesehen, zu der man uns erklärt hat, dass das der richtige Weg ist, um eine stabile Währungsunion zu haben. Jetzt brechen alle Volkswirtschaften der EU ein und gleichzeitig lassen wir die Schulden explodieren. Deutschland kann sich das leisten, für Frankreich wird es arg und für andere, allen voran Italien, ist es der Staatsbankrott. Italien kann aber nicht mal eben so Bankrott gehen, weil es mit uns allen zusammen im Euro hängt. Die erweiterte Ironie dieser Geschichte ist die, dass Italien seinerzeit aus genau diesem Grund, nicht Bankrott gehen zu wollen, in den Euro kam. Aber diese Ironie hilft hier nicht weiter. Wir haben also die Wahl alle zusammen mit dem Euro zusammenzubrechen oder Italien und weitere Länder zu retten. Eine dritte Option ist nicht wirklich auf dem Tisch.
Zusammenbrechen ist nicht gewollt, denn dann haben die Finanzinvestoren ein Problem mit ihrem Geldvermögen. Unsere Schulden sind Schulden in Euro und nicht an den US-Dollar oder eine andere Währung gebunden. Geht der Euro hops, ist er hops. Dann führt man wieder eigene Währungen ein und rechnet um. Jeder nach seiner Wirtschaftskraft und seinen Rahmenbedingungen. Der Ausgang für die Finanzinvestoren bewegt sich dabei zwischen quasi Totalverlust und ungewissem Ausgang mit anschließenden Klagemöglichkeiten. Europa ist nicht Argentinien. Man wird uns nicht so einfach versklaven können. Daher denke ich nicht, dass irgend jemand ein Interesse am Zusammenbruch des Euro und der EU-Währungsunion hat.
Die Schlussfolgerung aus dem, was ich denke, wäre dann also die, dass der Euro gerettet wird. Das heißt, dass die Länder, die de facto Bankrott sind, werden gerettet. Das geht nur, wenn wir noch mehr Geld in das System pumpen als wir jetzt schon tun. Geld, das die Länder bekommen, um ihre Schulden zu bezahlen. Das ist Geld, was man nicht direkt den Finanzinvestoren überweist, sondern ihnen auf einem Umweg zukommen lässt. Das freut die Finanzinvestoren. Den europäischen Bevölkerungen verkündet man diese Freude auch, denn der Euro und die Währungsunion bleiben und niemand geht Bankrott. Was man ihnen nicht verkünden wird, ist die dann extrem höhere Schuldenlast gegenüber den Finanzinvestoren und der damit gestiegene Grad der Versklavung diesen gegenüber.
Fazit
Wenn wir Ironie und schwarzen Humor einmal bei Seite lassen, dann bleib ganz nüchtern, unter dem Strich, das folgende Ergebnis stehen:
Man wird die Währungsunion retten, und man wird das System retten. Daran besteht ein Interesse der Finanzeliten. Aber wir werden unter dem Strich doppelt verlieren. Zum einen aufgrund der tatsächlichen Rezession der Wirtschaft, was wir früher oder später aber aufholen können. Zum anderen aufgrund der jetzt immens höheren Verschuldung, die am Ende jeder einzelne zahlt. Und vermutlich werden die Zinssätze dafür von der Bonität des Landes abhängen. Deutschland am Ende zu Minuszinsen und Italien zu 20% (hypothetisches mögliches Beispiel). Das wird keine Stabilität für Europa bringen, sondern die Menschen entzweien. Nördlich der Alpen Wohlstand, südlich davon die Sklaven des Systems.
Das eigentliche Fazit ist, dass unsere Weltordnung, auch wenn der Wohlstand der Einzelnen stetig steigt und immer mehr Menschen aus absoluter Armut befreit werden, doch ein tief ungerechtes System ist. Wir haben eine unverhältnismäßige Verteilung des Geldvermögens auf wenige Eliten. Und diese wenigen Eliten haben sich ein System geschaffen, mit dem ihre Vermögen immer weiter steigen. Sie steigen immer weiter, weil der Rest der Bevölkerung für sie arbeitet und ihnen stetig ableistet. Ein System, angelegt in der Form, dass das niemanden darüber bewusst wird Sklave zu sein und sich daher auch keiner beschwert. Moderne trickreiche Sklaverei, die mit der Corona-Krise in eine neue Dimension gehoben werden wird.
Allerdings löst die Rettung aus der Corona-Krise nicht die erste Krise: Die Krise aufgrund der stetig abnehmenden Ressourcen und Bevölkerungsexplosion, die wir nicht mehr mit der Dynamik der letzten 50 Jahre steigern können. Das System des Mehrs wird nicht wie gewohnt fortzuführen sein. Da die Finanzinvestoren aber sicher nicht auf “Mehr” verzichten, müssen andere verzichten. Die Schere zwischen Superreichen und Armen wird auch aus diesem Grund weiter aufgehen.
Alternativen
Um ehrlich zu sein: Ich sehe keine Alternativen. Bereits im 16ten Jahrhundert, zu Zeiten Kaiser Karl V. haben wir eine Konzentration des Kapitals auf einige wenige gesehen. Dieses System brach irgendwann in sich zusammen. So war es auch mehrfach im alten Rom und immer wieder quer durch die Geschichte. Daher wird es auch wieder so kommen. Das derzeitige Finanzsystem wird irgendwann zusammenbrechen. Wann das der Fall ist, das weiß niemand. Wenn es der Fall ist, dann startet das System mehr oder weniger erneut von Null. Und von Null wird es sich wieder dahin bewegen, dass einige wenige aufsteigen, die Macht über andere erlangen, Vermögen bilden und dieses Vermögen immer weiter steigern. Wieder wird das Kapital sich bei einigen wenigen sammeln bis wieder das System zusammenbricht, weil das verarmte Volk die Ungerechtigkeit erkennt und diese nicht mehr hinnimmt. Ein Kreislauf, basierend auf der Psychologie des Geldes. Das Geld beherrscht uns, nicht wir das Geld. Es macht uns zu Herren und zu Sklaven. Die Evolution wird unsere Köpfe mutieren lassen müssen, um dass wir aus diesem Kreislauf ausbrechen können.