Was ist Wahrheit, was ist nur Schein oder was ist eine ganz klare Lüge? Dazu noch Hass und Hetze. Das Internet stellt uns vor neue Herausforderungen im Umgang mit Information. Eine Herausforderung, der wir uns alle stellen müssen. Fakes, also Verfälschungen der Wahrheit, müssen dabei nicht nur Nachrichten betreffen. Grundsätzlich kann jeder Inhalt betroffen sein. Daher bevorzuge ich persönlich den Begriff „Fake Content“ oder einfach nur „Fake“ anstatt „Fake News“. In diesem Artikel werde ich alle Begriffe, je nach Sachverhalt, verwenden.
Das Thema ist komplex und schwierig zu strukturieren. Unterhalte ich mich mit jemanden hierüber kommt häufig das Feedback, dass der Sachverhalt nicht richtig verstanden werden kann und alles verwirrend ist. Das liegt vermutlich in der Natur des Themas, denn der Fake will nicht leicht erfassbar sein. Es ist das Wesen des Fakes, dass er über sich täuscht und nicht erkannt werden will. Ein guter Fake macht sich so ungreifbar wie irgend möglich. Entsprechend schwierig wird es werden, in diesem Artikel das Thema zu entwirren.
Blick in die Geschichte
Ich höre häufig die Aussage, dass es Fake News erst mit dem Internet gibt, und dass das Internet an allem Schuld ist. Diese Aussage ist falsch. Der Fake ist so alt, wie die Geschichte der Menschheit. Als im Jahr 1274 v. Chr. der Pharao Ramses II. gegen die Hethiter zog, kam er in der Schlacht bei Kadesch gerade so mit dem Leben davon. Er kehrte bestenfalls mit einem knappen Remi nach Hause zurück, mehr war es auf keinen Fall. Zu Hause angekommen lies er in jede Pyramide meißeln, dass er einen heroischen Sieg errungen hat und die Hethiter geschlagen sind. Das waren klare Fake News. Heute haben wir keine Pyramiden mehr, sondern andere Medien. Das Prinzip ist aber das gleiche geblieben: Wenn Donald Trump von einem Treffen mit Kim Jong-un zurückkommt, dann verkündet er Fake News, nur auf Twitter anstatt auf einer Pyramide.
Seit Beginn der Menschheit zieht sich Fake Content quer durch die Geschichte. Somit verwundert es nicht, dass es auch in der Gegenwart ein Thema ist. Geschichte ist übrigens oftmals nicht mehr als ein Vertrauen darauf, dass ein Geschehen wahrheitsgemäß festgehalten wurde und der längst tote Autor sich nicht alles ausgedacht hatte.
Auf dem Weg in die Gegenwart haben sich aber zwei Dinge verändert. Ramses II. hatte Pyramiden und Tontafeln. Mehr hatte er nicht. Es kamen Papyrus, dann Bücher, zuerst handgeschrieben und später gedruckt, dazu. Zeitungen und Fotografien folgten. Diesen folgten das Radio, der Film, das Fernsehen und letztlich das Internet. Die Anzahl der Medien, auf denen Content veröffentlicht werden kann, hat also stetig zugenommen. Und mit Ihnen stieg auch die Möglichkeit immer mehr Menge an Content veröffentlichen zu können. Hier hat sich also über die Jahrhunderte etwas verändert.
Ebenso verändert hat sich die Herrschaft über den Content. Ramses II. bestimmte allein, was in die Pyramide gemeißelt wird. Niemand anderes durfte ohne seine Erlaubnis meißeln, und eine Gegendarstellung war sowieso verboten. Über die Jahrhunderte durften immer mehr Personen, so genannte Autoren, ihren Stoff veröffentlichen, also publizieren. Die Anzahl der Akteure ist inzwischen noch viel größer. Quasi jeder publiziert und veröffentlicht Content: Regierungen und Politiker, politische Parteien, Vereine, soziale Institutionen, gemeinnützige Organisationen, die freie Wirtschaft, Gewerkschaften und Verbände, PR- und Marketingagenturen und auch jede Privatperson, die einfach nur Lust dazu hat.
Wir haben also Medien mit quasi unbegrenzten Content, die jeden erreichen, und jeder darf darin publizieren. Das Chaos wenn man es sich so deutlich macht, ist dabei vorprogrammiert.
Am Vorabend des Internets
Das Internet hat, wie schon gesagt, den Fake nicht erst erfunden. Als virtuelle Welt, die von den gleichen Menschen betrieben wird, die auch die reale Welt bevölkern, verhält es sich einfach identisch in den Methoden. Am Vorabend des Internets, in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Jahrtausendwende, gab es zahlreichen Fake. Zum Beispiel die Kampagne der Tabakindustrie, dass Rauchen nicht gesundheitsschädlich ist (Quelle). In Deutschland gab Dr. Uwe Barschel 1987 sein Ehrenwort. Allerdings entpuppte sich das als gelogen. Am Ende hatten alle Akteure in der Barschel-Affäre es mit der Wahrheit wenig genau genommen (Quelle). Als Europäer auf die internationale Politik blickend, ist der Zusammenbruch Jugoslawiens zu erwähnen. 157 Aufträge wurden insgesamt an PR-Agenturen, fast ausschließlich in die USA, seitens Sloweniens, Kroatiens etc. vergeben. Sie richteten sich vorwiegend gegen Serbien, dass den Buhmann zugeschoben bekam. So wurden die Geschehnisse und das Bild in der Öffentlichkeit beeinflusst (Quelle). George Bush Senior, amerikanischer Präsident, schürte Empörung damit, dass Iraker Babys aus Brutkästen rissen und zu Boden warfen, wo sie jämmerlich verendeten. Seine Quelle dafür war eine Krankenschwester. Später entpuppte letztere sich als die Tochter des kuwaitischen Botschafters und alles als erfunden (Quelle). Der Sohn von George Bush, ein weiterer amerikanischer Präsident, argumentiert mit Atomwaffen und atomaren Material, dass der Irak besitzen soll. Die IAEA widersprach und endsandte Inspektoren. Auch nach dem Krieg wurde nie etwas gefunden und die Beweise entpuppten sich alle als falsch (Quelle).
Wenn das Internet nach einem solchen Vorabend startet, dann ist es wenig verwunderlich, dass es dort nicht anders zugeht. Wir haben, wenn wir über Fake Content reden, also kein Problem des Internets, sondern ein gesellschaftliches Problem vor uns.
In medias res
Auch im Internet werden von allen Akteuren Fakes genutzt. An den linken und rechten Rändern, je weiter man sich einem Rand nähert, nimmt die Verwendung von Fakes zu. Das gilt insbesondere auch für Hass und Hetze, die an den Rändern deutlich stärker zu finden sind. Alles in allem führt eine Diskussion darüber, wer Fakes mehr benutzt als der jeweilige andere, zu keinem sinnvollen Ziel. Es spielt keine Rolle, ob einige Personen nur wenige und andere viele Fakes verbreiten, denn jeder Fake ist falsch!
Akteure sind also potentiell alle Personen, gleich ob sie sich selbst oder eine Partei, ein Unternehmen, eine Organisation oder Institution vertreten. Und es ist auch egal welcher Ideologie, Religion oder Haltung diese Personen angehören. Es so zu formulieren heißt aber nicht, dass es keine Ausnahmen gibt und alle Faker sind. Das stimmt nicht. Nicht jeder verbreitet Fakes. Natürlich gibt es viele positive Beispiele quer durch alle Kategorien von Akteuren. Vielmehr möchte ich zum Ausdruck bringen, dass man überall mit Fakes rechnen muss und nicht bestimmte Kategorien grundsätzlich ausschließen kann.
Wie definiert sich ein Fake?
In diesem Artikel geht es nicht um versehentliche Fehler von Autoren, die, wenn man sie darauf hinweist, diese auch gleich beheben. Es geht hier auch nicht um einige extreme Verschwörungstheoretiker, die, in einer Wahnvorstellung gefangen, an verrückte Dinge glauben. Auch letztere Personen sind gefährlich und werben manchmal für anti-demokratische Ziele. Das will ich nicht beschönigen. Trotzdem sind sie nicht die Zielgruppe dieses Artikels. Hier geht es um die Fakes, die vorsätzlich benutzt werden. Es geht um diejenigen Akteure, die einen bestimmten Zweck verfolgen und diesen bewusst mit Fakes herbeiführen wollen. Das ist die Zielgruppe dieses Artikels und das sind die wirklich gefährlichen Akteure. Der Zweck (Ein Fake ist immer Mittel für ein Ziel und hat entsprechend einen Zweck.) ist bei Fakes übrigens etwas sehr entscheidendes und wird uns fortan noch mehrmals beschäftigen.
Arten von Fakes
Wie sieht so ein Fake aus? Um einen Fake zu greifen, muss man ihn erst mal finden bzw. erkennen. Fakes können ganz verschieden gestaltet sein. Die nachfolgende Aufzählung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit:
- Ein einfach falscher Inhalt (Fake Content und Fake News), eine schlichte Falschaussage, die in einem Beitrag steht und sich auf einer Website, einem Blog, einem Forum oder einem Social Media Kanal befindet. Dieser Fake Content kann auch Bilder oder Videos (Deep Fakes) betreffen, die manipuliert wurden. Neben dem Web kann dieser auch per E-Mail, SMS, Kurznachricht oder in Apps verbreitet werden. Die falsche Tatsache muss sich nicht immer auf ein Geschehen beziehen. Fakes können auch aus falschen Tatsachen zu einer Sache oder Leistung bestehen, damit jemand diese kauft. Ebenso kann der Fake Falschaussagen mit dem Ziel machen, jemanden politisch oder ideologisch zu beeinflussen.
- Ein Fake kann auch die Bewertungen eines Beitrags betreffen. Bewertungen werden in Quantität und Qualität gefälscht, so dass ein Beitrag damit den Anschein erweckt, dass viele Menschen den Inhalt unterstützen und gut finden. In Wahrheit ist das aber gar nicht der Fall, weil alle Bewertungen gefakt wurden.
- Auf Social Media kann ein Fake sich in Likes und Retweets finden. Netzwerke von Trollen und Bots liken und retweeten einen Beitrag. Damit wird die Reichweite des Beitrags gefakt, der somit mehr Personen erreicht als er normalerweise erreichen würde. Natürlich wird damit auch der Eindruck erweckt, dass der Inhalt bedeutender Content für die Leser ist, was gar nicht der Wahrheit entspricht.
- Nutzer und Autoren können ebenso Fakes sein. So weiß man nicht, wer wirklich hinter einem Beitrag steckt. Man weiß nicht, ob es sich um eine reale Person oder einen Bot handelt. Diese Fake Accounts können sich auch verstellen und als einer anderen Meinung oder Ideologie angehörig darstellen, die sie eigentlich gar nicht haben.
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- False-Flag ist hier ein Beispiel: Ein Fake Account tarnt sich mit einer ideologischen Einstellung, gegen die er eigentlich ist, und mischt sich unter die Zielgruppe, um diese auszuspionieren und gezielte gemäßigte Kritik zu streuen. So wird versucht die Zielgruppe zu beeinflussen.
- Phishing Accounts sind Fakes, die jemanden eine Liebes- oder sexuelle Beziehung vorspielen und diesen so dazu bewegen wollen, dass Geld überwiesen wird. Oftmals geht dieses mit intimen Bildern oder Informationen einher, auf deren Grundlage am Ende das Opfer erpresst wird.
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- Auch das Kapern von Beiträgen gehört zu den Fake Content Methoden. Hierbei ist ein Beitrag grundsätzlich richtig und nicht zu beanstanden. Durch Kommentare wird dem Autor aber das virtuelle Wort verdreht und er so umgedeutet, dass der Beitrag als Fake dargestellt wird.
- Der Fake kann auch in einer Software stecken, vor allen in Spielen. Und zwar in der Form, dass es einen versteckten Zweck gibt, den man nicht sofort erkennt. Zum Beispiel, dass bei einem Rollenspiel der böse Avatar immer ein „Schwarzer“ ist und so Rassismus vermittelt wird.
- Fakes gibt es ebenso in Links und Downloads. Diese Links und Downloads, die in ganz harmlosen Beiträgen zu finden sind, führen zu Seiten oder Dokumenten mit Schadsoftware. Der Fake liegt darin Vertrauenswürdigkeit vorzutäuschen und so Malware auf Endgeräten platzieren zu können. Das geht auch über extern geladene Inhalte von Emails.
- Eine weitere Form eines technischen Fakes ist es, sich über eine vertrauensvolle App den Zugriff auf ein Endgerät, dessen Daten, Mikrofon und Kamera zu verschaffen. Damit zieht man unbemerkt Kontaktlisten, Nutzerverhalten, Bilder, Ton und Videoaufnahmen ab.
- Es muss auch Fake erwähnt werden, der darin besteht, dass ein Social Media Anbieter oder Anbieter eines öffentlichen Raums darüber bestimmt, was wie oft in einer Time Line angezeigt wird. Auch das ist eine Beeinflussung und ein Faken der tatsächlichen Beliebtheit und Relevanz von Content.
- Die Bubble bzw. ein Echo-Room kann auch zu den Fakes gezählt werden. Hier verpasst man sich den Fake quasi selbst. Es passiert, wenn man sich nur noch in Räumen mit Gleichgesinnten aufhält und alle Andersdenken nicht mehr eingespielt bekommt. Dann verzerrt sich die Wahrheit und man glaubt schnell, dass alle Menschen alles genau so sehen wie man selbst. Dabei hat man sich von den anderen Sichtweisen nur isoliert, die aber trotzdem noch da sind.
Fakes finden sich also in zahlreicher Form und Methodik in den neuen Medien. Sie betreffen alle Art von Content, aber auch Accounts und Reichweiten von Beiträgen. Bei allen Fakes gibt es eine Gemeinsamkeit: Es gibt einen Zweck, den der jeweilige Initiator des Fakes verfolgt. Daher ist es unabdingbar sich mit diesem Zweck näher zu befassen. Gäbe es für die Faker keinen Zweck in einem Fake, hätten wir mutmaßlich auch kein Problem mit Fakes. Der Zweck muss also sehr wichtig für das Phänomen sein.
Der Zweck des Fakes
Wer wissentlich eine falsche Tatsache als Argument für seine These nutzt, der tut das zu einen Zweck. Der Zweck liegt darin sein eigenes Anliegen zu fördern. Der Faker hat also zuerst einmal ein Ziel, dass er reichen will. Dafür wird geworben. Weil es aber fraglich erscheint, dass mit den belegbaren Tatsachen das Ziel erreicht werden kann, erfindet man Tatsachen (Fake) dazu. Der Faker ist sich also bewusst oder sehr sicher, dass er ohne Fake sein Ziel nicht erreicht. Dieser Sachverhalt ist bemerkenswert, denn er hat eine klare Aussage: Faker haben Ziele, die sich mit der Wahrheit und belegbaren Argumenten nicht erreichen lassen! Diese Tatsache lässt dann auch an den Zielen der Faker zweifeln, die offensichtlich keine aus sich selbst heraus mehrheitsfähigen Ziele, sondern Minderheitsmeinungen, verfolgen.
Dieser Sachverhalt findet sich auch immer wieder in den Aussagen von Fakern selbst, wenn man sie mit Fakten entlarvt. Es kommen dann Kommentare wie „es kommt auf die richtige Einstellung drauf an“ oder „auch wenn das jetzt nicht ganz richtig war, so ändert das nichts daran, dass das Ziel das Richtige ist“ etc. Faker haben also grundsätzlich die richtige Einstellung und kennen das richtige Ziel. Einstellung und Ziel heiligen dann die Mittel. Das ist natürlich Quatsch. Jemand glaubt eine höhere Weisheit zu kennen, die die anderen Menschen nicht sehen. Und auf der Grundlage dieser höheren Weisheit werden Lügen als Mittel zum Erreichen des Ziels gerechtfertigt. Dabei weiß der Faker im Vorhinein, dass seine höhere Weisheit keine Mehrheiten findet, ignoriert dieses wissentlich und erklärt die gegen ihn stehende Mehrheit als nicht mündig das richtige Ziel zu erkennen.
„Nicht mündig“ ist auch etwas, das wir sehr oft mit Bezug auf die Gesamtbevölkerung aus der Politik hören. Man macht lieber keine Volksabstimmung, weil man fürchtet, dass die Bevölkerung nicht in der Lage ist das richtige Ziel zu erkennen und entsprechend zu stimmen. Die Demokratie beruht auf der Vorstellung, dass das richtige Ziel das Ziel ist, was die meisten Menschen befürworten. Mit Fakes werden Ziele verfolgt, die aus sich selbst heraus nicht mehrheitsfähig sind. Diese Ziele macht man mit falschen Inhalten, gefälschter Reichweite und diversen Tricks dann mehrheitsfähig. Der Konsument des Fake Content wird also zu einer Meinung beeinflusst, die er ansonsten so nicht vertreten würde, wenn er den Sachverhalt ohne jeden Fake bewertet hätte. Damit werden Menschen manipuliert und damit wird die Demokratie manipuliert. Und deswegen sind Fakes gefährlich! – Abgesehen davon kann der Bürger nicht mündig werden, wenn ihm die wirklichen Fakten vorenthalten werden und man ihm Schein statt Wahrheit suggeriert.
Akteure und ihre Ziele
Man sollte glauben, dass die Ziele für Fakes gerade zu unendlich viele sind. Das stimmt aber nicht. Es sind nur sehr wenige und immer wieder die selben: Macht, Geld, Erfolg, Aufmerksamkeit, Ideologie, Religion und Befriedigung von Trieben. Darum geht es den Akteuren. Und die Fakes sind das Mittel zum Zweck. Mit den Fakes will man das Ziel erreichen, das man mit der Wahrheit allein nicht erreichen kann.
Die Ziele hier detailliert zu beleuchten, würde den Rahmen sprengen. Daher nur eine kurze Darstellung: Macht, Geld und Erfolg sind meistens miteinander verbunden und die wohl stärkste Kraft für Fakes. Das liegt daran, dass sehr viele Menschen genau danach streben und bereit sind, dafür jedes Mittel einzusetzen. Wir sehen das sehr deutlich in unserer Gesellschaft, in der die neoliberalen Akteure dieses Ziel verfolgen. Ihnen stehen Kräfte gegenüber, die mehr soziale Gerechtigkeit und Umverteilung wollen. Die neoliberalen Akteure stellen diese Ansätze als Sozialismus, Gefahr für die Allgemeinheit und Abwürgen der Wirtschaft dar, was unbelegt und somit Fake Content ist. Neoliberalisten sind aber von diesen Argumenten gegen „Nicht-Neoliberalisten“ überzeugt und halten sie für richtig. Die freie Meinung billigt ihnen das auch zu. Ob sie damit Recht haben oder nicht, ist nicht Thema dieses Artikels. Viel interessanter sind die Kräfte hinter diesen Zielen. Das ist zum einen eine Angst vor einem Verlust von Wohlstand. Und es ist zum anderen eine Gier nach mehr Wohlstand. Oftmals paart sich dieses auch mit einer Angst des Versagens, wenn man diese Ziele nicht erreicht. Der erfolglose Neoliberalist, der nicht mehr Wohlstand anhäuft oder gar Verlust erleidet, sieht sich selbst als Versager und hat Angst vor dem Versagen. Entsprechend spielt der Erfolgsdruck mit hinein. Das sind offensichtlich die entscheidenden Kräfte, die dann jedes Mittel rechtfertigen. Stellt sich der Erfolg ein, dann bestätigt das zusätzlich das Vorgehen mit Fakes als richtig. Vergleicht man sich dann mit den Menschen, die weniger erreicht haben, dann gleitet man langsam in eine aristokratische Welt ab. Aber das lassen wir jetzt einmal so stehen.
Aufmerksamkeit, wenn es nicht in die eben erörterte Kategorie fällt, ist nicht entscheidend für systemgefährdende Fakes. Und auch bei der Befriedigung von Trieben als Ziel, handelt es sich nicht um demokratiegefährdeten Fakes. Diese Kategorien haben meist nur sehr kleine Reichweiten. Anders ist es dagegen bei dem Ziel einer ideologischen und religiösen Beeinflussung oder gar Bekehrung. Hier ist der Akteur von einer Glaubensfrage verschiedener Art fanatisiert. Die eigene Sicht wird als die einzig richtige Weltanschauung angesehen und möglichst viele Menschen müssen davon überzeugt werden. Dabei greift man gerne auch sehr viel zu Fakes als Mittel zum Zweck. Dahinter stehen keine Ängste und Gier, sondern reiner Fanatismus der hin bis zu Gewalt und Hassmorden führt. Welche Psychologie jemanden auf seinem Lebensweg zu einem solchen Fanatismus geführt haben könntet, ist sicher auch ein spannendes Thema, kann hier aber nicht ausgeführt werden.
Das Fazit ist, dass zwei Kategorien von Zielen die Grundlage für gefährliche, das heißt hier demokratiegefährdende, Fakes bilden. Zum einen Macht, Geld und Erfolg. Zum anderen Ideologie und Religion. Für beide Kategorien gilt: Um so fanatischer ihre Akteure, um so extremer ihre Fakes.
Organisiertes Vorgehen
Es wäre verkehrt anzunehmen, dass der Einsatz von Fake Content, in welcher Form auch immer, unkoordiniert innerhalb der Akteure verschiedener Kategorien abläuft. Im Einzelfall gibt es das natürlich auch, aber grundsätzlich sind die Akteure gut organisiert. Die meisten betreiben das Geschäft mit den Fakes sogar professionell. Das ergibt sich schon daraus, dass viele Medien PR- oder Marketingagenturen für ihre Ziele beauftragen. Aber auch viele eigene Akteure kennen die Regeln des Marketing gut und handeln danach. Es werden Zielgruppen definiert. Und für die verschiedenen Zielgruppen werden Strategien erarbeitet. Es werden Netzwerke aufgebaut, die zusammen arbeiten. Als mit einander verbundenes Netz handelt man koordiniert und verfolgt die definierten Ziele als Team.
Ein solches Vorgehen nennt sich dann Desinformations-Kampagne. Und diese Kampagnen, je nachdem wer es macht, können sehr komplex und professionell sein. Wenn PR- und Marketingagenturen, aber auch andere professionelle Berater dahinter stehen, sind ihre Akteure gut ausgebildete Kommunikationsdesigner und Psychologen. Und man weiß, wie man die Grauzone des Legalen bis an den Rand des möglichen, wofür man nicht belangt werden kann, ausnutzt. Fake für unprofessionelle Randerscheinungen zu halten ist also falsch. Man muss sich vielmehr ganz deutlich klar machen, dass es hier um organisierte professionelle Desinformation geht. Es geht um das Faken für ein Ziel und mit allen irgend denkbaren Mitteln. Wahrheit ist dabei nicht nur zweitrangig, sondern ganz egal.
Und da die Akteure, wie gesagt, über das nötige Marketing-Wissen verfügen, wissen sie auch, wie sie Zielpersonen angehen müssen. Es wird mit unseren Gefühlen, unseren Ängsten und Sorgen, aber auch unseren Begierden gespielt. Fakes zielen darauf ab Gefühle auszulösen. Das geht um so besser, um so mehr man über den einzelnen weiß. Big Data macht das möglich. Es gibt riesige Sammlungen mit personenbezogenen Daten in der Marketingwelt. Damit ist es noch einfacher geworden, jemanden gezielt einen Fake unterzujubeln. Kennt man genau die Ängste, Sorgen, Bedürfnisse und schwachen Stellen einer Person, dann ist das Opfer leichte Beute.
Fake erkennen und handeln
Was wir im Internet finden ist oftmals nur Schein und ein Mittel zu einem Zweck, den wir nicht kennen. Die entscheidende Frage, die man sich also stellen muss, ist: „Zu welchen Zweck ist das, was ich im Internet gefunden habe, hier?“ Ist es zu dem Zweck hier, zu dem ich danach gesucht habe, oder ist es zu einem anderen Zweck hier. Der Zweck, also das Ziel, ist für einen Fake ganz entscheidend. Was wir im Internet zuerst sehen ist dabei eben nur das Mittel. Um herauszufinden, ob es sich um einen Fake handelt, muss man den Blick auf den Akteur dahinter und sein Ziel richten. Kann man diesen Akteur überhaupt nicht sicher identifizieren, dann sollte man sofort Vorsicht walten lassen. Nach dem Akteur muss man das Mittel genau analysieren, um herauszufinden, welche möglichen Ziele hier alle verfolgt werden könnten. Dann muss geschaut werden, ob man alle diese theoretisch nicht redlichen, aber möglichen Ziele des Akteurs, ausschließen kann. Das hört sich nach viel Recherche-Arbeit an und das ist auch wirklich so. Aber es ist Arbeit, die geleistet werden muss. Nur so kann man Fake erkennen und sich dann auch davor schützen. Es folgt eine Idee einer Anleitung Fakes zu erkennen:
- Den Anbieter identifizieren.
- Die Seriosität und Reputation des Anbieters ermitteln.
- Überprüfen, ob Quellen für Inhalte angegeben werden.
- Quellen überprüfen und bewerten.
- Sachliche Schilderung und Qualität der logischen Argumentation bewerten.
- Reflektieren, wie stark Gefühle angesprochen werden.
- Bei Zweifeln: Mögliche unseriöse Ziele des Anbieters überlegen und diese falsifizieren.
Nachhaltige Meinungsbildung ist wichtig. Für eine kompetente Meinungsbildung muss man zuerst die Fakten sammeln und sich dann, auf dieser Basis von Fakten, seine Meinung erarbeiten. Oft bildet man seine Meinung leider vorschnell aus einem Gefühl heraus. Das liegt im menschlichen Wesen. Hier müssen wir als Menschen noch dazulernen. Vorschnelle Meinungsbildung spielt den Fakern in die Tasche. Oftmals ist man auch zu faul dazu zu recherchieren, weil es aufwendig und anstrengend ist. Faker liefern einfache Lösungen. Das ist bequem. Wir müssen aufhören bequem zu sein!
Fake und Meinungsfreiheit
Es stellt sich aber noch eine zweite Frage in diesem komplexen Kontext: Wo ist die Grenze zwischen Fake und einer Aussage die von der Meinungsfreiheit gedeckt ist? Die Antwort scheint einfach: Was nicht der Wahrheit entspricht ist Fake und damit auch keine freie Meinung. Aber so einfach ist es nicht. Die Meinungs- und Pressefreiheit ist eines unser höchsten demokratischen Güter. Diese hohen Güter darf man nicht fahrlässig beschränken. Leider verhält es sich nicht so, dass Meinung und Wahrheit strickt zu trennen sind. Hier muss man sehr vorsichtig sein. Sehr viele Argumente für und gegen Ideologien oder auch wissenschaftliche Thesen, insbesondere in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, sind nicht immer eindeutig falsch oder richtig. Nicht alles ist schwarz und weiß und nicht alles, was nicht der eigenen Sichtweise entspricht, ist deswegen gleich ein Fake. Gelebte Meinungsfreiheit ist wichtig und eine Grundlage unserer Demokratie. Ihre Grenzen müssen weit sein. Aber mit der Verbreitung und dem Vorspielen falscher Tatsachen Menschen gezielt zu beeinflussen, gehört nicht zur Meinungsfreiheit.
Regulierung und Lösungsansätze
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Wer das so sagt, der verkennt, dass alle unsere Gesetze auch für das Netz gelten. Beleidigung ist verboten, Volksverhetzung ist verboten. Es gibt eine Vielzahl von Grenzen, denen wir im Netz unterliegen. Allerdings werden diese Grenzen nicht immer effektiv durchgesetzt und Nutzer, die die Grenzen überschreiten, dafür auch zur Rechenschaft gezogen. Das ist ein Problem. Wir brauchen nicht unbedingt mehr Regulierung. Was wir brauchen ist eine Durchsetzung der Regulierung, die wir bereits haben. Und hierbei eine deutlich sichtbarere und konkretisierte Regulierung, damit jeder weiß, wo die Grenzen sind, und was man darf und was man nicht darf.
Das häufigste Argument gegen die Durchsetzung der bereits bestehenden Gesetze im Internet, wenn es um Fake, Hass und Hetze geht, ist die Masse. Die Masse macht es unmöglich. Dieses Argument kann ich persönlich nicht gelten lassen. Die Polizei hört ja beispielsweise auch nicht auf Einbrüchen nachzugehen, wenn die Anzahl der Einbrüche ihr zu viel wird. Wir brauchen für das Internet technisch und fachlich ausgebildete Polizei sowie effektivere Verfahren, die Fake, Hass und Hetze sanktionieren. In Anbetracht der großen Zahl dieser Vergehen, würden sich die Kosten, aufgerechnet mit Einnahmen aus Bußgeldern, sicher auch im Rahmen halten. Hier fehlt leider bisher der politische Wille und auch ein Bewusstsein der Politiker für das Problem. Viele Politiker verstehen gar nichts vom Internet und sehen das Netz und seine Akteure als eine unwichtige Randerscheinung ohne große Relevanz an.
Die Sanktionierung von Vergehen im Internet, denen zuerst einmal die Feststellung eines Vergehens vorausgehen muss, an Social Media und IT Anbieter abzugeben, ist nicht der richtige Weg. Öffentliche Räume im Internet, auch wenn diese von privaten Anbietern zur Verfügung gestellt werden, dürfen nicht der Kontrolle einiger Konzerne unterstellt werden. Die Feststellung von Gesetzesverstößen und Straftaten, insbesondere deren Ahndung, ist Aufgabe staatlicher Gewalt. Der Staat hat das Hoheitsrecht hierüber und er darf es nicht an private Unternehmen abgeben. Dieser Ansatz stellt eine Gefährdung der Demokratie dar und ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Private Institutionen dürfen nicht darüber entscheiden, welcher Content Meinungsfreiheit ist und welcher gesetzeswidrig. Und ein solches noch weniger nach eigenem Ermessen und ohne jede Möglichkeit des Widerspruchs für Betroffene. Das gilt auch für Account-Sperrungen. Es ist auch gefährlich, dass die Anbieter von Social Media darüber bestimmen, welcher Content mehr als anderer angezeigt wird. Auf diese Weise können unliebsame Beiträge nicht ausgespielt, hingegen aber die der eigenen politischen Ausrichtung genehmen Beiträge gefördert werden. An dieser Stelle brauchen wir dringend funktionierende Regulierung, die unsere Demokratie schützt.
Fake ist gesellschaftsfähig
Das größte Problem ist, dass wir quasi mit Fake Content aufwachsen und dieses als völlig normal erleben. Politiker nehmen es nicht so genau mit der Wahrheit und den Wahlversprechen. Unternehmen tun es auch nicht. Oftmals auch nicht die eigenen Eltern gegenüber ihren Kindern. Eigentlich ist jedem eine Lüge recht, wenn es dann sein muss. Und manchmal muss es eben sein. Zum Beispiel, wenn man einfach nur nicht zugeben mag einmal Unrecht zu haben. Ist ja alles nicht so schlimm, denn es macht ja jeder so. Dabei lernen wir eigentlich in der Schule auf der Basis von Tatsachen zu argumentieren. Wenn die Schüler älter werden und langsam beginnen, diese Methodik mit der Realität abzugleichen, dann stellen sie fest, dass das nicht die Methodik der Erwachsenen ist. Hier zählt nur: Für das Ziel ist jedes Mittel recht. Und dann wird das System übernommen weil es so befriedigend ist. Zugegebener Maßen ist dieses eine Vereinfachung und Verallgemeinerung, die sich viel differenzierter darstellt. Dem bin ich mir bewusst.
Wir brauchen dennoch gesellschaftliche Veränderung in unserer Einstellung. Der Druck erfolgreich zu sein und Erfolg, definiert als in verdienten Geld gemessener Wohlstand, ist nicht der richtige Weg für die Zukunft. Damit spreche ich mich keineswegs für Sozialismus aus. Ich bin klarer Befürworter der sozialen Marktwirtschaft. Aber muss die Grundlage hierfür die sein, dass der Erfolg so hoch angesiedelt ist, dass jedes Mittel dafür gerechtfertigt wird? Wir müssen hier umdenken. Wir müssen aber auch bei der Ausbildung unserer Kinder umdenken. Schulen und Lehrkräfte brauchen bessere Ausstattung und Fortbildung für den Umgang mit den neuen Medien. Wir schicken unsere Kinder, was das Internet und die neuen Medien angeht, am Ende der schulischen Laufbahn sehr ungebildet in das Leben. Wichtige Themen wie Big Data, Datenschutz, Fakes, Malware und Sicherheit im Internet stehen nicht auf den Lehrplänen. Stehen diese doch da, dann in einer bei weitem nicht ausreichenden und zeitgemäßen Form. Hier brauchen wir Verbesserung der schulischen Ausbildung.
Hass und Hetze
Hass und Hetze, die hier mehrmals erwähnt wurden, sind kein Fake. Sie sind niemals ein Fake, sondern immer real. Auch dann, wenn ein Fake Account diese verbreitet. Hass und Hetze gehören nicht in das reale Leben und auch nicht in unser virtuelles Leben. Sie sind verächtlich und sie gehören nicht zu einer Gesellschaft des 21. Jahrhundert. Wer Hass und Hetze verbreitet, der gehört bestraft. Ganz egal ob es auf Grundlage von linker, rechter oder gar keiner Ideologie erfolgt. Dazu gehört auch Bedrohung. Bedrohung ist ebenso kein Fake. Doxing, die Veröffentlichung von Adressdaten einer Person, oftmals verbunden mit dem indirekten Aufruf diese Person zu stalken und ihr etwas anzutun, ist eine Negierung unserer demokratischen Ordnung. Einschüchterung gehört nicht zu den Mitteln des demokratischen Prozesses. Das ist jenseits jeder Grenze von freier Meinungsäußerung.
Es macht mich jedes mal traurig und nachdenklich, wenn ich im Netz lese, dass jemand eine neue Wohnung sucht, weil er unter seiner jetzigen nicht mehr sicher ist. Ebenso geht es mir, wenn ich von offener Bedrohung im realen Leben zahlreicher Aktivisten und auch Reporter lese. Hass, Hetze und Bedrohung im Netz, enden sehr häufig in Hass, Hetze und Bedrohung im realen Leben der Betroffenen. Hier ist jede Grenze überschritten und hier brauchen wir deutlich mehr Regulierung. Die bestehenden Gesetze und ihre Umsetzung reichen ganz offensichtlich nicht aus, um den Schutz der Betroffenen und die Bestrafung der Täter zu gewährleisten.
Eine persönliche Utopie
Wäre die Welt ein Wunschkonzert, dann würde ich mir für Fakes, Hass und Hetze, ganz egal ob im Internet oder im realen Leben, klare Regeln wünschen, die effektiv durchgesetzt werden. Regeln, die ein freies Internet und eine freie Meinungsäußerung garantieren, aber eindeutig definierte Grenzen setzen. Grenzen, die eine demokratisch legitimierte Legislative vorgibt und die die staatliche Exekutive umsetzt. Das ist natürlich ein komplexer Wunsch mit vielen Fragen, zum Beispiel zu Datenschutz und Zuständigkeiten, die geklärt werden müssen. Auch wird man es, wie immer im Leben, nicht allen recht machen können. Aber grundsätzlich wäre es umsetzbar.
Ich denke hier an detaillierte Regeln wie an eine Liste von Ausdrücken und Wörtern, die man nicht verwenden darf. Nach dem Motto „inkompetenter Trottel“ ist ok, „Drecksfotze“, was sich die Grünenpolitikerin Renate Künast gefallen lassen musste, ist nicht ok und wird mit EUR 100,00 Bußgeld belegt. Im Wiederholungsfall mit mehr. Wer als Verlagshaus sich auf ein Interview beruft, dass es nie gegeben hat, zahlt EUR 1.000,00 Bußgeld und im Widerholungsfall mehr. Wer andere einschüchtert und bedroht, der bekommt ein hohes Bußgeld. Im Wiederholungsfall wird die Person vom Anbieter für das Internet gesperrt.
Foren, Messenger, Chat-Dienste und Social Media regulieren mehr. Wird ein Beitrag oder Account gemeldet, wird dieser erst einmal vom Anbieter selbst untersucht. Stellt man einen einfachen Verstoß fest, wird ein Hinweis zu dem Beitrag gepostet. Bei schweren Verstößen wird der Beitrag unsichtbar geschaltet oder gelöscht. Gleichzeitig erfolgt immer eine Meldung an die staatliche Stelle mit Daten zum Account. Diese verhängt dann das Bußgeld, wogegen ein Rechtsbehelf möglich ist. Meldet der Anbieter nicht, erhält der ein Bußgeld. Stellen sich Accounts als Fakes heraus, werden diese alle gelöscht. Gerade hier könnten Anbieter bereits jetzt viel mehr leisten.
Ferner würde ich mir auch mehr eigene Gestaltungsmöglichkeiten für Nutzer von Social Media, Chat-Diensten und Messengern wünschen: Jeder darf selbst bestimmen, nach welchen Regeln sich seine Time-Line zusammensetzt. Die Nutzer dürfen ihre Daten verwalten und personenbezogene Daten über sich selbst nach belieben unwiderruflich löschen. Anbieter dürfen Nutzer nicht grundlos sperren oder sind bei Sperrungen an strikte Regeln gebunden.
Alles in allem wünsche ich mir mehr Rechte, aber auch mehr Pflichten für die Nutzer. Und für die, die die Pflichten nicht hinbekommen oder das nicht wollen, einen Ansporn mit Bußgeldern doch bitte ein besseres Benehmen an den Tag zu legen. Schließlich handhaben wir das doch bei Verkehrsdelikten auch so. Zeige ich jemanden beim Autofahren einen Vogel und nenne ihn „Ar*loch“, dann bekomme ich dafür eine Strafe, wenn der Betroffene mich anzeigt. Warum nicht auch so im Internet?
Fazit
Wir müssen für Fakes, Hass und Hetze einen effektiven Umgang finden. Das heißt, dass wir Regeln brauchen. Dieses heißt aber nicht, dass wir Freiheiten im Netz grundsätzlich einschränken müssen. Das ist der Falsche Weg. Wir brauchen nicht weniger Demokratie, wir brauchen mehr Demokratie!
Fakes können uns sehr entscheidend in unserer Meinungsbildung beeinflussen. Und das passiert, ohne dass wir uns dem überhaupt bewusst werden. Wenn wir deswegen etwas kaufen, was wir sonst nicht gekauft hätten, dann ist das zwar „blöd“, aber nicht systemgefährdend. Werden aber eine große Anzahl von Menschen in Ideologie, Wahlverhalten und politischen Zielen manipuliert, dann ist das alles andere als trivial. Hier besteht eine Gefahr für die Demokratie. Und das dürfen redliche Demokraten nicht hinnehmen. Wenn wir Thomas Paine seine Schrift „Common Sense“ betrachten, dann sollte das Inspiration sein Demokratie zu leben. Das Internet bietet die Plattform mit der jeder an der Demokratie teilnehmen kann. Es liegt an uns, das Internet so zu gestalten, dass es mehr Demokratie möglich macht und nicht weniger. Dafür müssen wir kämpfen. Wir müssen Big Data, Datenschutz, Fakes, Hass und Hetze und Sicherheitsprobleme des Netzes thematisieren. Das Thema muss in die Gesellschaft und an unsere Schulen getragen werden. Es bedarf einer Aufklärung über Probleme und Möglichkeiten. Wir brauchen mündige Nutzer und wir brauchen auch die Politik, die die Rahmenbedingungen schafft, dass demokratische Grundsätze durch das Internet und die neuen Medien nicht unterwandert werden.
Wir brauchen aber auch eine Veränderung der Gesellschaft und ihrer Werte. Geld verdienen, Ziele haben und ehrgeizig zu sein ist wichtig. Aber Erfolg immer nur als in Geld messbaren Wohlstand zu definieren und nur danach zustreben ist falsch. Wir brauchen andere Werte. Gier, Macht und Nazismus sollten nicht mehr „geil“ sein. Einmal unerfolgreich zu sein, sollte für niemanden dazu führen, sich als Versager zu fühlen. Geil hingegen sollte es sein, wenn man die Welt ein Stück besser macht, Prinzipien lebt und die Demokratie stärkt. Wir brauchen eine Revolution der Werte!